Gwenaelle Garreau-Richter

Wir dürfen nicht stehen bleiben, sondern müssen uns immer weiter verbessern.

Gwen lebt mit ihrem Mann und drei kleinen Kindern in Hilgershausen, wo zufälligerweise mein Vater aufgewachsen ist. Dort betreibt sie eine kleine aber umso feinere Käserei, La Petite Bergerie. Um 5:30 Uhr beginnt sie mit dem Melken und bringt ihre Herde dann auf die Weide. Von Gwen habe ich erfahren, wie viel Aufwand in der Zuchtarbeit steckt, wie viele Überlegungen und Entscheidungen man treffen muss, um die besten Weiden zu entwickeln, wie schwer es ist, die optimalen Bedingungen für die Reifung des Käses zu erhalten und wie viel Geduld man braucht.

Auch die liebevolle und mit so viel Aufwand betriebene Produktion von köstlichem Bio-Käse kommt nicht ganz ohne Kompromisse an den Natur- und Tierschutz aus. Aber genau das ist Gwens Antrieb: Sie findet es super spannend, neue Methoden zu entwickeln, um das System Stück für Stück zu verbessern. Übrigens erzählte sie mir begeistert, dass es einen Walnussbaum im Dorf gibt, der sie reichlich mit Nüssen versorgt. Den hat mein Opa dort nach dem Krieg gepflanzt.

Seit wann gibt es die Petite Bergerie und deine Schafherde?

Wir hatten im Mai 2017 die ersten fünf Schafe. Seit 2019 vermarkte ich meine Produkte. Stück für Stück erweitere ich die Herde und baue auch meinen Kundenstamm auf. Irgendwie finde ich es ganz schön, klein anzufangen und wenn die Kinder größer werden, kann ich die Möglichkeiten voller ausschöpfen. Ich habe ostfriesische Milchschafe, diese Rasse wurde schon im Jahr 1500 erwähnt. Gerade für so kleine Bestände ist sie gut, denn früher hielten sich die Leute ein oder zwei von diesen Milchschafen, die ursprünglich, wie der Name sagt, aus Ostfriesland kommen. Das sind natürlich dort andere Bedingungen als hier. Dazu kommt nun auch die französische Rasse Lacaune, die besser an karge Standorte angepasst ist. Durch Kreuzung dieser beiden Rassen hoffe ich, an unseren Standort besser angepasste Tiere zu erreichen.

Dieses Jahr melke ich nur einmal am Morgen, nicht abends nochmal. Die Familie ist ja auch noch da, das war einfach zu hart letztes Jahr, da habe ich die Schafe zwei Mal täglich gemolken. Unsere drei Kinder sind eineinhalb, vier und sechs Jahre alt. Die Menge, die ich habe, ist nicht enorm, aber ich kann alles verarbeiten und sehr gut verkaufen.

Insgesamt haben wir vierunddreißig Tiere, dreiundzwanzig sind beim Melken. Der Stall ist für dreißig Tiere plus Nachzucht zugelassen. Aber das wäre für mich wahrscheinlich schon fast zu viel zum melken. Ich würde gerne bei fünfundzwanzig bleiben. Es wäre schön, wenn ich das nicht auf lange Sicht alleine machen muss. Es kommen Praktikanten, die mich beim Melken unterstützen. Ich würde mir wünschen, jemanden zu finden, der noch einen weiteren Betriebszweig hier aufbaut.

Gwen ist fertig mit dem Melken und wir bringen die Schafe auf die Weide

Hast du die Weiden mit bestimmten Samen eingestreut, oder würde das alles hier von alleine wachsen?

Wir haben unsere Ackerflächen mit Kleegras und Kräutern eingesät. Der Kräuteranteil ist sehr hoch. Und das, was so hochwächst, ist eine Zichorie. Die soll helfen, die Wurmbürde zu verringern.

Was ist das, die Wurmbürde oder der Wurmdruck?

Tiere haben immer Parasiten, innen und außen. Schafe und Ziegen sind besonders anfällig für innere Parasiten, die Wurmbürde bezeichnet die Anzahl der Parasiten im Wirt. Und wenn die zu hoch wird, muss man die Tiere meistens behandeln. In der Melkzeit kann ich sie aber nicht medikamentös behandeln, weil ich ja biologisch arbeite und zehn Tage lang die Milch wegschütten müsste. Deswegen kann ich nur vor der Melkphase behandeln und danach wieder. Währenddessen gar nicht, und im Prinzip will ich das ja auch gar nicht. Ein Medikamenteneinsatz kann Resistenzen hervorrufen. Ich muss mir also irgendwas überlegen, um die Wurmbürde niedrig zu halten. Die eine Möglichkeit ist das Weide-Management. Die Schafe kommen erst nach längerer Zeit wieder auf die gleiche Weide, weil sie sonst die Wurmeier aufnehmen würden und das Ganze von vorne beginnt.

Außerdem gibt es Kräuter, die unterstützen sollen. Die Schafe nehmen die Zichorie dieses Jahr richtig gut an. Das muss sich alles erst einspielen. Ich finde es super spannend herauszufinden, was sie fressen. Wenn wir sie die Weidewege führen, schaue ich, was sie sich an den Seiten raus nehmen. Manche sind wie wild auf Löwenzahn, der viele Bitterstoffe hat. Es ist mein Ziel, dass die Schafe sich aus dem Kräuterangebot etwas aussuchen können. So eine monotone Kleegras-Weide kann das nicht bieten.

Das heißt, du bist ständig dabei, zu beobachten und das Nahrungsangebot anzupassen!

Ich finde es spannend, dass man im Ökolandbau versucht, ein System hinzukriegen, um alles Stück für Stück zu verbessern. Mein Ziel ist es, dass ich keine Mittel mehr einsetzen muss und das über die Fütterung, Haltung und Zucht hinbekomme. Aber das braucht viele Jahre! Wenn jetzt ein Schaf betroffen ist, behandele ich natürlich medikamentös, da geht es ja auch ums Tierwohl.

Ich möchte die Milch von dem erzeugen, was wir hier vorfinden, ohne Unmengen hinzu zu kaufen. Das ist meine Philosophie. Ich habe lieber ein bisschen weniger Milch, dafür aber von unseren Ressourcen. Es muss trotzdem wirtschaftlich sein. Deswegen muss sich die Herde insgesamt verbessern. Das hoffe ich durch Einkreuzung und die Zucht in den nächsten Jahren hinzukriegen. Dazu gehört auch die Aufbesserung der Flächen. Da sind wir dran, aber das dauert alles Jahre. Und wir hatten auch einen schweren Start, denn 2018/2019 war es extrem trocken. Alles war braun, das, was nachgewachsen ist, ist verbrannt. Es war so extrem...  ich hatte noch nicht viele Tiere, trotzdem hatte ich echt Sorgen, sie satt zu bekommen. Diese Erfahrung hat mich geprägt. Seitdem säen wir nur Sorten, die auch für trockene Standorte geeignet sind. Unser Spielraum ist die Sorten- und Artenwahl, eventuell auch Überschattung.

Der Klimawandel beeinflusst also auf jeden Fall schon deine Entscheidungen?

Ich glaube schon, dass wir uns dem veränderten Klima anpassen müssen. Das schaffen wir nicht von einem Jahr auf das nächste. Wir wollen Baumweiden etablieren, also viele Bäume auf den Weiden pflanzen. Zum einen für die Tiere selbst natürlich, aber auch für die Weiden. Durch die Trockenheit musste ich viel Futter zukaufen, das kostet richtig viel Geld. Auch aus wirtschaftlicher Sicht fährt man besser damit, das Optimale rauszuziehen. Es braucht eine lange Zeit, bis sich die Herde an den Standort und der Standort an die Herde anpasst.

Der Standort ist teilweise auch für den Anbau von Esskastanien geeignet, die man verarbeiten und vermarkten kann. Außerdem haben wir noch Ackerflächen, die sich für Kräuteranbau eigenen würden. Ein einseitiger Betrieb ist nicht optimal, es wäre schon toll, ihn zu diversifizieren und sich gegenseitig zu unterstützen. Wir überlegen auch, zwei Jerseykühe zu halten, weil sie das fressen könnten, was die Schafe stehen lassen und im Frühjahr, wenn alles so schnell schießt, könnten sie vor den Schafen auf die Wiese. Die Schafe bevorzugen kürzeres Gras, so dass die Kühe vorher drauf könnten. Das würde auch den Parasiten entgegenwirken, denn sie haben nicht die gleichen. Wir wissen aber noch nicht, ob das Futter für die Kühe ausreichen würde. Da muss ich mich erst noch schlau machen. Wir dürfen nicht stehen bleiben sondern müssen uns immer weiter entwickeln und verbessern.

Sind Bäume auf dem Acker- und Grasland nicht sehr hinderlich, weil man dann nicht mehr mit den Maschinen arbeiten kann?

Kastanien können auch als Hochstämme gezogen werden, die ersten Äste kommen dann erst nach drei bis vier Metern, so dass jede große Maschine darunter durch kommt und sie auch auf Flächen stehen können, unter denen gearbeitet wird. Ein weiterer spannender Punkt ist, dass in den letzten Jahren auch durch die Trockenheit viele Baumreihen gestorben sind. Wir haben in Eigenleistung schon Reihen nachgepflanzt, aber manche Experten sagen, dass nicht mehr in Reihen gepflanzt werden sollte. Die Bäume müssten entlang der Wasserwege gepflanzt werden. Das macht für mich Sinn, wenn es immer weniger Wasser gibt. Ich habe auch in diesen alten Strukturen gedacht und bin gar nicht darauf gekommen, dass es anders sinnvoller sein könnte.

Brauchst du für die Schafe häufig einen Tierarzt?

Leider häufiger, als ich mir wünsche. Gerade die Lammzeit ist eine ganz sensible Phase. Letztes Jahr hatte ich ein paar Geburten, mit denen ich nicht alleine zurecht kam. Wenn sie falsch liegen, bin ich noch zu unerfahren. Da kam der Tierarzt dann auch mal mitten in der Nacht. Es wäre sinnvoll gewesen, neben dem Studium noch mehr Praxiserfahrung zu sammeln. Das muss ich mir jetzt alles aneignen.

Euterentzündungen sind ein Thema bei Milchschafen, wo auch mal Antibiotika eingesetzt werden muss. Auch mit Husten hatten wir zu tun, da habe ich viel investiert, um herauszufinden, an was es liegt. Ich hatte mehrere Lämmer, die daran verendet sind. Deshalb habe ich sogar eines sezieren lassen, aber ich habe nichts herausbekommen.

Man braucht die Unterstützung der Tierärzte. Aber ich finde auch, dass man nach den Ursachen schauen muss. Wenn mal ein Tier krank ist, ok. Aber wenn so viele husten, muss es doch ein grundlegendes Problem geben, mir ist wichtig, dass man sich darüber Gedanken macht. Wo leben ist, ist auch Krankheit und Tod. Aber die Frage ist, wie viel und wie oft. Und ich würde gerne etwas machen, um das Zuviel zu verhindern. Aber da stehe ich vor vielen Fragen.

Es ist dir also ein Anliegen, die Ursachen herauszufinden, um nicht zu viel Medikamente einsetzten zu müssen?

Wenn ich dem Tier noch eine Chance geben kann, setze ich natürlich Antibiotika ein. Was mich aber stört ist, dass die Tierärzte nicht nach Alternativen suchen. Sie setzen sofort Breitbandantibiotika ein und es ist richtig schwierig, sich dagegen zu wehren. Natürlich sind sie nicht auf Milchschafe spezialisiert. Es bleibt der Austausch mit Kollegen. Auch in dieser Beziehung bin ich noch nicht, wo ich sein möchte. Ich hoffe, dass ich durch Selektion und weitere Verbesserung der Fütterung zu einer gesünderen Herde komme.

Bei Schafhaltung denke ich auch an die Rückkehr der Wölfe in Hessen. Sind sie schon hier in der Gegend und ein Problem für dich?

Irgendwie spiegelt die Diskussion um den Wolf die Gesellschaft wider. Man kann ihn als Symbol für andere Probleme sehen. Es ist so als würde sich die Politik und auch die Gesellschaft mit der Rückkehr des Wolfes in Deutschland grün waschen wollen. Der Wolf selbst, die Weidetiere sowie die Weidetierhalter werden die leidtragenden sein. Ich finde, der Wolf in der Natur ist ein wunderschönes Bild und ich möchte das jetzt nicht so per se einfach nur schlecht machen. Aber die  Frage ist doch, ob so ein Tier noch zu unserem Lebensstil passt, zu der dichten Besiedlung aber auch zu unserer Landwirtschaft. Die Mehrheit wünscht sich eine Landwirtschaft mit Weidehaltung, dagegen steht aber eben die Rückkehr des Wolfes. Man kann das nicht so einfach lösen, mit Schutzhunden und irgendwelchen Zäunen. Ich finde, darüber wird zu wenig gesprochen. Das ist eine von beiden Seiten her hoch emotional geführte Diskussion. Die einen haben Scheuklappen für die Probleme, die das mit sich bringt, für Schafhalter, aber auch für andere Weidetierhalter und unsere Landschaft. Und die Weidetierhalter sind ebenso emotional und oft nicht lösungsorientiert. Es gibt wenige Gespräche, in denen man sich sinnvoll über die Möglichkeiten austauscht. Das finde ich schade.

Ich habe das Gefühl, dass viele Menschen denken, wenn der Wolf wieder da ist, dann kann es doch nicht so schlecht stehen um den Wald und die Umwelt.

Ja. Und das ist so falsch! Das meine ich mit dem sich grün waschen der Politik und Gesellschaft. Es gibt ihnen ein gutes Gefühl, dabei ändert es überhaupt nichts an der Zerstörung unserer Natur. Ich verstehe, dass man sich nicht einfach reindenken kann in die Komplexität von Schäfereien oder anderen landwirtschaftlichen Bereichen. Ich merke es an dieser Herde, wieviele Jahre Zuchtleistung ich erst aufbauen muss, um überhaupt eine Herde zu bekommen, die sinnvoll für meinen Betrieb ist. Wenn mehrere Tiere gerissen werden, kann man sie gar nicht ersetzen, all diese Jahre. Dann würde ich irgendein Schaf bekommen, und müsste wieder von vorne anfangen mit der Zuchtarbeit. So etwas zum Beispiel wird nicht kommuniziert.

Du würdest auch nur eine Entschädigung bekommen, wenn du einen sogenannten wolfssicheren Zaun hast.

Einen wolfssicheren Zaun kann ich mir gar nicht vorstellen. Es gibt Zäune die gelten als sicherer, sind aber im alltäglichen Auf- und Abbau sehr viel schwerer und zeitintensiver. Wie sollen wir Schäfereien dies noch neben der anderen Arbeit schaffen? Ein Lösungsansatz sind auch Festzäune mit Untergrabungsschutz aber man muss sich das mal vorstellen: Wie sieht denn dann unsere Landschaft aus und wie kostenintensiv sind diese Zäune! Herdenschutzhunde kann man erst in großen Herden einsetzen und auch dann ist dies in unserer stark zersiedelten Landschaft nicht leicht. Es wird von uns erwartet, dass wir Lösungen finden und uns absichern, während alle anderen so weiter machen, wie bisher. Wir brauchen die Unterstützung der Gesellschaft, die eine Weidetierhaltung fördert und wertschätzt. Und damit meine ich nicht Subventionen oder Entschädigungszahlungen. Ein ehrliches Interesse an unserer Arbeit und unseren Produkten wäre schön. Viele Menschen denken, sie hätte keinen Impakt, als Einzelner. Aber das stimmt nicht, jeder kann etwas tun! Die Menschen haben sich entfremdet von der Nahrungsproduktion. Und von dem, wie Bauern und Landwirte heutzutage arbeiten und leben.

Wir gehen in die Molkerei und in den Käsekeller.

Mmmh, es richt gut hier!

Das ist der Frischkäse von gestern. Ich nutze Trockenkulturen, Bakterienstämme und ein bisschen Lab. Wenn ich noch mehr Milch verarbeiten könnte, wäre es effektiver. Vom Arbeits- und Zeitaufwand, dem Wasserverbrauch. Die Milchleistung meiner Schafe muss besser werden. In der Literatur findet man die Aussage, dass das Ostfriesische Milchschaf bis zu 600 Liter im Jahr gibt, an ungefähr 180 Tagen. Aber von anderen Betrieben weiß ich, dass das wirklich nur unter optimalen Bedingungen erreicht wird. Im Bio-Bereich ist es meistens weniger, da kommt man auf 250 Liter.

Wie lange kann man die Schafe eigentlich melken?

Acht Jahre ungefähr werden Milchschafe in Betrieben mitgeführt. Meine Älteste ist jetzt fünf. Mit zwei, drei Jahren haben sie ihre beste Leistung, dann geht es wieder zurück. Meine Leidenschaft ist der Hartkäse. Das Handwerk ist interessant. Der Käse muss bei mir mindestens drei Monate reifen, es macht mir Freude, diesen Prozess zu begleiten. Das ist eine Kunst, es braucht Erfahrung, Wissen und Zeit. Frischkäse und Quark kann man relativ einfach herstellen. Den Hartkäse schmiere ich täglich. Der Kellerraum ist das Herzstück. Leider ist gerade der Hartkäse nicht wirtschaftlich. Zum einen wegen der Arbeit, zum anderen wegen der Milch. Beim Frischkäse sind es vier Liter pro Kilogramm Käse, beim Joghurt fast eins zu eins, beim Quark 50-60%, für den Schnittkäse brauche ich sieben Liter pro Kilogramm Käse. Aber ich kann den Preis nicht unendlich nach oben anpassen. Deshalb habe ich eine Mischkalkulation über die verschiedenen Produkte. Mit dem Schnittkäse verdiene ich im Winter mein Gehalt.

Das war alles Lehmboden, das Wasser stand häufig rum, was für einen Käsekeller eigentlich toll ist, denn wir brauchen 95% Luftfeuchtigkeit. Aber es gibt natürlich viele Auflagen, wie der Käsekeller sein muss. Ein fester Boden ist Pflicht. Deshalb haben wir den Keller renoviert, die Wände aber gelassen. Es ist jetzt nicht perfekt, man könnte eine Klimatisierung einbauen, aber das brauche ich nicht. Ich bin täglich hier unten und schmiere und wenn ich merke, dass der Käse trocken wird, bringe ich Wasser auf dem Boden aus. Wichtig ist, dass die Temperatur nicht zu hoch wird, idealerweise sind es 14-16 Grad. Im Winter ist es manchmal etwas kälter, im Sommer waren es bei der Hitze 18 Grad.

Der Käse nimmt die Kulturen aus dem Keller in der Rinde auf, das nennt man Naturrinder. Man hat dadurch ein Stück Authentizität. Die Rinde ist essbar, aber das ist Geschmacksache. Ich schmiere meistens mit Wasser, manchmal mit Molke, damit kann ich den Gelbton verstärken. Jeder Leib, der dazukommt, macht mich glücklich. Da ist unsere Milch drin, von unserem Ort. Wie bei Wein hat jeder Käse seinen eigenen Jahrgang. Das Klima spielt auch eine Rolle. Es ist ein lebendiges Produkt.

Ich bin sehr glücklich, dass ich hier Rohmilchkäse machen darf. Zu Beginn war der Kontrolleur vom Hygieneamt überhaupt nicht begeistert davon. Inzwischen sind wir in richtig gutem Kontakt, wir arbeiten gut zusammen, weil wir auch offen kommunizieren und bei seinen Kontrollen nie etwas zu beanstanden war. Man darf den Käse auf Holz lagern, aber natürlich wäre es ihm lieber, wenn er auf Plastik läge. Am Anfang gab es Besorgnis, aber jetzt freue ich mich sehr, dass es einen Wandel gegeben hat und wir vertrauensvoll zusammen arbeiten.

Von wem werden deine Produkte gekauft? Mehrheitlich von Leuten, die bereit sind, mehr Geld auszugeben?

Ich biete Produkte unterschiedlicher Preiskategorien an. Klar, der Schnittkäse aus Schafmilch ist tendenziell hochpreisiger. Aber die gereiften Frischkäse-Taler sind nicht besonders teuer. Ich glaube, Produkte aus Schafmilch sind ein bisschen im Trend. Manche Kunden vertragen nur Schafmilch. Einige Kunden kennen die Schafsmilch Produkte aus ihrer Heimat, aus Bulgarien zum Beispiel. Die freuen sich total, dass sie sie jetzt hier finden. Dann haben wir viele Kunden, die sehr Frankreich affin sind. Unser Frischkäsetaler sei ein Stück Urlaub, sagen sie. Es sind also ganz verschiedene Kunden. Mir ist das wichtig, ich vermarkte bisher nur regional, also versuche ich, die Preise so zu kalkulieren, dass sie hier im Raum akzeptabel sind. Nicht nur in den Städten, wo die Löhne meistens höher sind, sondern dass wir hier unsere Kundschaft finden. Das klappte letztes Jahr ganz gut.

Kannst du schon kostendeckend arbeiten oder sogar von der Käserei leben?

Wir sind sehr zufrieden, dass wir letztes Jahr positive Zahlen geschrieben haben. Weil wir ja wirklich im Aufbau sind. Davon leben könnte ich nicht, aber meine Arbeit soll auf jeden Fall zu unserem Lebensunterhalt beitragen. Es ist klar, dass ich nicht das erwirtschaften kann, was Felix in seinem Vollzeitjob verdient. Dafür bin ich nachmittags zu Hause und kann die Kinder betreuen. Wir finden es auch sehr wertvoll für unsere Kinder, wie sie aufwachsen. Und wir haben unsere eigenen Lebensmittel, neben den Milchprodukten auch Fleisch und Wurstwaren von den Schafen. Das ist auch ein Wert, der nicht monetär zu bewerten ist.

Wie viele Stunden am Tag bist du beschäftigt?

In dieser Saison, in der ich nur ein Mal melke - so acht bis neun.

Das ist ein Vollzeitjob!

Aber dafür habe ich im Winter viel weniger Arbeit. Dann sind es so zwei, drei Stunden. Aufs Jahr gerechnet wird es ein Vollzeitjob sein, auf jeden Fall. Mit Arbeitsspitzen im Frühjahr und Sommer und einer ruhigeren Phase im Winter. Die Schafe geben bis Oktober Milch, das ist aber von Schaf zu Schaf unterschiedlich.

Was ist, wenn du mal ausfällst?

Tja, keine Ahnung, bisher kam es zum Glück nicht vor, dass ich nicht melken konnte. Es ist schwer, für das Handmelken jemanden zu finden. Deswegen bin ich ganz froh, dass ich Praktikanten habe, die einspringen könnten. Aber langfristig wäre es toll, eine stabile Lösung zu finden.

In welchem Alter werden die Lämmer verkauft und findest du leicht Abnehmer?

Ich verkaufe viele Flaschenlämmer, fünf Tage nach der Geburt. Durch unseren kleinen Bestand haben wir unsere Lämmer bisher gut verkauft bekommen, alles an Privat. Die Leute haben ganz unterschiedliche Motivationen. Manche ziehen sie mit der Flasche groß um sie später zu schlachten, andere nutzen sie als Rasenmäher, es werden viele weibliche Lämmer gekauft, die dann auch für die Zucht genutzt werden. Wir haben auch muslimische Kunden gehabt, die die Lämmer für ihre Feste haben wollten. Für die größeren Betriebe ist es tatsächlich ein Problem, die männlichen Lämmer loszuwerden. Es gibt diese Vorurteile, dass Hammelfleisch nicht gut schmeckt, dabei ist das Fleisch sehr gut. Es ist natürlich auch eine Preisfrage. Ich verstehe nicht, wie der Preis für Lammfleisch aus Neuseeland so niedrig sein kann. Wir vermarkten unser Fleisch nur direkt. Wir machen auch Pfefferbeißer und Schinken. Wir lassen schlachten und verarbeiten.

Wie hast du die Käserei eigentlich gelernt und wie bist du dazu gekommen?

Ich habe keine Ausbildung zur Molkereifachfrau. Ich bin in der Stadt groß geworden. Zur Landwirtschaft bin ich durch den Umweltschutz gekommen. Als Jugendliche habe ich angefangen, mich dafür zu interessieren und wollte mich engagieren. Ich war für Organisationen wie den NABU und Greenpeace aktiv, das fand ich aber sehr unbefriedigend. Ich habe viel Ablehnung erfahren, zum Beispiel von Passanten, wenn ich Unterschriften gesammelt habe. Auch in meiner Altersgruppe habe ich keine Mitstreiter gefunden. Ich war immer gerne draußen und habe mich bewegt, körperlich angestrengt. So kam ich auf die Idee, ökologische Landwirtschaft zu studieren. Mit 16 bin ich zum ersten Mal auf einem Hof gewesen, einem Ziegenmilchbetrieb in Südfrankreich. Das hat mir total gut gefallen. Mein Vater ist Franzose und ich habe noch viel Familie dort, ich wollte gerne mal für eine längere Zeit nach Frankreich, so hat das gut gepasst. Ein Jahr lang war ich dann auf verschiedenen Höfen, nach meinem Abi. Dann habe ich das Studium in Witzenhausen angeschlossen.

Und du wolltest nicht in Frankreich bleiben?

Eigentlich doch, ich habe in den Semesterferien immer dort gearbeitet. Am Ende des Studiums habe ich Felix kennengelernt. Wir haben überlegt, beide auszuwandern. Aber es wäre viel schwieriger gewesen und dann kam eines zum anderen: Wir haben diesen Hof hier gesehen und da wir beide eher die Sicherheit suchen, haben wir ihn 2013 gekauft. Es waren fünf Hektar Land dabei, jetzt haben wir acht. Felix ist promoviert im Ökolandbau und arbeitet in der Abfallwirtschaft.

Waren deine Eltern mit eurer Entscheidung glücklich?

Sie haben versucht, mir das auszureden. Aus Sorge. Sie sehen die viele Arbeit, auch mit den Kindern, sie können sich das für sich nicht vorstellen. Aber besonders meine Mutter hat mir viel geholfen, beim Renovieren und auch in der Käserei. Wenn Not ist, passt sie auch mal auf die Kinder auf.

Es ist schon sehr idyllisch hier. Wie seid ihr als Städter im Dorf aufgenommen worden?

Wir sind sehr gut aufgenommen worden und haben viel Unterstützung bekommen. Von den Nachbarn, auch im landwirtschaftlichen Bereich. Sie haben uns mit Wissen und Maschinen unterstützt, das ist richtig toll. Die Bewohner finden es schön, dass Publikum ins Dorf kommt, um unseren Käse zu kaufen.

Welche Unterschiede konntest du in der Einstellung der Dorfbewohner im Vergleich zur Stadt ausmachen?

Erstens, dass ich als Frau in der Landwirtschaft arbeite, das ist noch nicht so ganz durchgedrungen zu den Leuten. Meistens führt Felix die Gespräche, wenn es ums Land geht, weil er darauf angesprochen wird. Bei manchen ist es jetzt langsam angekommen, dass eigentlich ich diejenige bin, die das hier macht. Ich finde es schon ganz spannend, diese Krusten aufzubrechen. Zweitens, wenn es um die Kindererziehung geht. Felix hat letztes Jahr sechs Monate Elternzeit genommen, damit ich arbeiten konnte. Das fand ich richtig gut. Bei den älteren Dorfbewohnern merkt man noch, dass sie das ungewöhnlich finden. Langsam wird wahrgenommen, dass auch Männer sich um die Erziehung und die Kinder kümmern können. Auch für mich war es eine Umstellung, ich musste erst lernen, dass es auf dem Land andere Muster gibt, als in der Stadt.

Hast du jetzt das Gefühl, dass du deine ökologischen Vorstellungen auslebst und etwas bewegst?

Ich bin mir selbst gegenüber in dieser Beziehung sehr kritisch. Was die Bewirtschaftung der Flächen angeht denke ich schon, dass es eine besondere Form der ökologischen Landwirtschaft ist. So macht es nicht jeder Ökolandwirt, weil es nicht vorgeschrieben ist. Durch die Kommunikation mit meinen Kunden habe ich die Möglichkeit, Informationen weiterzugeben. Ich habe den Eindruck, dass ich sie für einiges sensibilisieren kann. Außerdem verpacke ich nichts in Plastik, das kommt sehr gut an. Ich versuche, eine möglichst gute Landwirtschaft zu machen. Es fühlt sich für mich jetzt besser und wertvoller an.

Wir haben manchmal mit Naturschutzbehörden Gespräche, wo es ganz seltsame und sinnlose Auflagen gibt. Ich empfinde sie als sehr starr und oft nicht nachhaltig. Zum Beispiel gibt es bestimmte Baumarten, die wir nicht anpflanzen dürfen, obwohl sie nachhaltig wären und hierher passen würden. Dann gibt es gut gemeinte Projekte, die einfach nicht umsetzbar sind oder am Ziel vorbei gehen.

Es gibt im Kreis ein neues Projekt „Schaf schafft Landschaft“, das die Schäfereien stärken soll. Dieses Projekt hat viele gute Ansätze und scheint mir in vielen Bereichen auch sehr nachhaltig zu arbeiten.

Die größte Kritik an der ökologischen Landwirtschaft von Seite der konventionellen Landwirtschaft ist ja, dass sie nicht in der Lage ist, unseren Verbrauch zu decken.

Ja, das ist einfach so. Bio kann das nicht, wenn wir genau so weiter konsumieren, wie wir es jetzt tun. Wenn wir wirklich ökologisch leben wollen, müssen wir unter anderem unseren Fleischkonsum und auch andere tierische Lebensmittel stark reduzieren. Das ist vielleicht erst einmal eine Einschränkung, aber ich finde schon, dass man sich daran gewöhnen kann. Langfristig ist es gesünder, für den Planeten und für die Menschen. Die Antwort darauf ist so komplex und schwierig, dass man dieses Argument nicht mit einem Satz widerlegen kann. Es gibt aber gute Forschungsarbeiten dazu, wie eine ökologische Landwirtschaft die Welt sehr wohl ernähren könnte. In jedem Fall müssten sich aber unsere Gewohnheiten hierfür stark ändern

Wenn man ökologisch wirtschaftet, sind oft nicht die gleichen  Erntemengen wie im konventionellen Anbau gegeben. Man muss aber hinterfragen, woher die Effizienz im konventionellen Anbau denn kommt. Da sind viele Energiequellen von Außen, z.B. Futtermittel, Dünge- und Spritzmittel. Es ist kein geschlossener Kreislauf und verbraucht auch Ressourcen von anderen Ländern.

Wir nutzen z.B. zum Düngen nur unseren Mist und Leguminosen. Das sind die einzigen Pflanzen, die Stickstoff aus der Luft binden können. Vom Kreislauf her gehen bei uns auch Energien raus: Die Milch und das Fleisch. Einen Teil dieses Defizits können z.B. Leguminosen decken. Und wenn man Bio-Abfälle, also Kompost, einsetzten kann. Da ist das Problem, dass Plastikrückstände drin sind. Aber wenn man sieht, was konventionelle Bauern alles verwenden dürfen, muss man sich fragen, was schlimmer ist. Also müssen wir dafür sorgen, Verunreinigungen zu verhindern. Auch den Klärschlamm müsste man eigentlich dem Kreislauf wieder zuführen. Da wir Menschen aber leider viele Gifte aufnehmen, ist der Klärschlamm auch hoch belastet. Felix kommt dazu.

Nutzt man den Klärschlamm in der Landwirtschaft?

Felix: Im Bioanbau ist es verboten, im konventionellen Bereich wird es langsam abgebaut. Die Kläranlagen dürfen, je nach Anzahl der Einwohner, den Schlamm nicht mehr bodenbezogen verwerten sondern müssen ihn verbrennen. Man will den darin enthaltenen Phosphor zurückgewinnen und das geht am besten über die Asche. Die ist aber mit Schwermetallen belastet. Es gibt zwar schon ein Gesetz, aber noch ist nicht klar, wie das überhaupt umgesetzt werden kann. Immerhin versucht man, einen Kreislauf hinzubekommen und das ist auch ganz wichtig, aber in der Umsetzung ist es total schwierig. Weil wir soviel Antibiotika und andere Medikamente zu uns nehmen, deshalb ist im Klärschlamm so viel Mist drin.

Gwen: Um auf ökologische Landwirtschaft umstellen zu können, würde ein umfassender gesellschaftlicher Wandel mit einhergehen müssen. Es ärgert mich oft, wenn manche Leute sagen, was denn an Bio anders sei, außer man setzt keine Spritzmittel ein. Um wirklich ein System zu bekommen, das sich selber trägt, muss man wahnsinnig komplexe Probleme lösen. Wir müssen Wege suchen, wie wir die abgeführten Nährstoffe sinnvoll zurückführen können, denn sie sind ja nicht weg, nur woanders. Wir sind noch lange nicht am Ziel. Der Ökolandbau ist überhaupt gar nicht rückschrittlich, es braucht noch so viele Innovationen und Ideen. Das finde ich total spannend und aufregend. Es ist so komplex, dass man es nicht jedem erklären kann, ich verstehe auch, dass nicht alle Interesse daran haben, es ist ja auch anstrengend, sich damit zu beschäftigen.

Felix: Die Biotonne wurde vom Ökolandbau in Witzenhausen erfunden, dabei ging es gar nicht um Mülltrennung, sondern um die Frage, wie man die Nährstoffe aus den Küchen wieder zurück in den Ökolandbau bringen kann. Die Plastikschnipsel sind das Problem. Da sind die Bürger gefragt und die Kommunen. Die Qualität der Bioabfälle ist heute schlechter als vor zwanzig Jahren. Es wurde einfach verschlafen, transparent weiterzugeben, was mit der Tonne passiert. Die meisten Städter werden nicht wissen, dass der Inhalt der Biotonne kompostiert wird und in der Landwirtschaft eingesetzt wird. Dass da kein Plastik reindarf, ist wahrscheinlich vielen gar nicht klar. Diese neuen angeblich kompostierbaren Tüten, die sich nicht abbauen, tragen auch noch zur Verwirrung bei. Manchmal macht man es sich einfach zu bequem.

Gwen: Wir müssen noch so viel lernen und besser machen. Wir müssen alle zusammen arbeiten und nicht gegeneinander. Es gibt auch im Bioanbau riesige Unterschiede und ich mag es nicht, generell zu sagen, bio ist gut und konventionell ist schlecht. Dennoch bedeutet konventionelles Futter, es wird gespritzt. Das ist für mich schwer zu vertreten, weil es überhaupt nicht nachhaltig ist. Aber auch im Bioanbau gelingt es ja noch nicht, ein wirklich tragendes System zu entwickeln. Es macht mich traurig, dass so wenig passiert und wir nur so langsam voran kommen. In Witzenhausen werden schon interessante Forschungsprojekte betrieben. Aber wenn man vergleicht, wieviel in anderen Bereichen investiert wird, in der Gentechnik zum Beispiel, ist es viel zu wenig. Eigentlich müssten alle, Landwirte und auch Verbraucher, daran ein Interesse haben, dass wir eine Landwirtschaft bekommen, die uns ernähren kann, auch in der Zukunft. Jetzt, wo ich Kinder habe, ist mir das noch bewusster.

Ökolandbau ist für mich ein Schritt in die richtige Richtung, aber wir sind noch lange nicht am Ziel. Wir können nicht stehen bleiben, weder die ökologischen noch die konventionellen Landwirte können einfach so weitermachen. Wir müssen einen Weg für die Zukunft finden. Ich will ja nichts schwarzmalen und positiv sein, aber ich glaube schon, dass sich unsere Bedingungen auch in Deutschland verändern und wir uns an verändertes Klima anpassen müssen. Das geht ja alles nicht von heute auf morgen. Ein ganzes System zu verändern, das braucht Jahre!

Der Verbrauch muss sich auch verändern, deshalb soll mein Produkt nicht für eine Elite sein, die sich das leisten kann und auch noch täglich Bio-Fleisch isst. Nein, das ist auch kein Weg. Um unseren Planeten zu schützen, müssen wir unseren Konsum verändern, in jedem Bereich, und das soll für alle möglich sein. Jeder wird verzichten müssen, das ist meine Meinung dazu. Es kann nicht sein, dass sich eine Elite ein grünes Gewissen kauft, in dem sie täglich ökologische Produkte im Überfluss auf dem Tisch hat. Das kann auch eine Biolandwirtschaft nicht leisten.

Darüber würde ich gerne mit vielen Menschen sprechen. Ich denke nicht, ich mache etwas besseres und das ist der Königsweg. Das ist erst ein Schritt in die richtige Richtung. Es ist total schwer umzusetzen, das merke ich ja in meinem Betrieb. Es gibt so viele äußere Einflüsse, die ich nicht steuern kann. Das macht es nie langweilig, aber man muss sich reinfinden und damit klar kommen, dass man nicht alles unter Kontrolle hat und man sich immer wieder anpassen muss.

Hast du manchmal das Gefühl, dass du alles hinschmeißen möchtest?

Manchmal schon. Bisher ist es noch nie so schlimm gewesen, weil Felix und ich beide dafür leidenschaftlich brennen. Das ist für uns die richtige Art zu leben. Deshalb können wir da so viel Kraft reinstecken. Ohne ihn hätte ich nicht durchgehalten. Die Kinder sind noch klein, sie haben viele Freiheiten hier und sind glücklich. Wir bekommen wertvollen Zuspruch von unseren Kunden, deshalb vermarkten wir gerne direkt auf den Märkten. Das trägt einen durch schlechte Zeiten, wenn man viel zurücksteckt. Auch finanziell, wir wissen ja, dass wir uns nie so viel leisten werden können. Wir haben viele Nachteile, im Sommer können wir zum Beispiel nicht weg. Den Kindern müssen wir sagen, unser Urlaubsort ist Hilgershausen. Auch für Felix ist es manchmal schwer, er zeltet sehr gerne. Und natürlich lieber im Sommer und nicht im Januar, wenn ich mal ein oder zwei Wochen weg kann. Diese ganzen Einschränkungen sind besser auszuhalten, wenn man merkt, dass es den Kunden gut tut. Und wenn man ein gesundes Lebensmittel erzeugt auf eine Art, von der ich mir wünsche, dass sie sich verbreitet.

Ich fände es schön, wenn dein Projekt vielen aufzeigen würde, dass eine Entwicklung stattfindet. Es muss ja etwas passieren. Die konventionellen Landwirte merken auch, dass sie nicht weiterkommen bei den trockenen Jahren. Düngen und Pestizideinsatz bringt nichts, wenn Wasser fehlt. Wir in Deutschland haben noch das Glück, dass wir unsere Nahrungsmittel aus anderen Ländern herkriegen, aber ob man das als Land will? Eigentlich sollte jedes Land eine gewisse Unabhängigkeit wahren, es sollte jedem Bürger wichtig sein, dass Deutschland sich ernähren kann. Dass dem nicht so ist, das ist doch tragisch! Was ist neben Bildung wichtiger als Nahrung?