Ich persönlich kenne niemand mehr, der sich ein Hausschwein hält. Es muss ja irgendwann auch geschlachtet werden, gibt es dafür überhaupt noch Strukturen?
Normalerweise hatte ich nur zwei Schweine, eben für die Familie. Jetzt hatte ich mal drei, aber bekomme das dritte nicht los. Niemand will es kaufen! So ein Schwein, das über ein Jahr alt ist, wiegt viel mehr als ein Zuchtschwein, aber die Qualität des Fleisches ist auch viel besser. Trotzdem nimmt es mir keiner ab, ich müsste beim Schlachter sogar noch Geld draufzahlen. Es gibt ja auch gar keine Schlachthöfe mehr in der Umgebung. Nicht einmal Metzger schlachten noch selber. Eine Hausschlachtung kommt zur Zeit wegen der Corona-Vorgaben auch nicht in Frage, da kommen ja Menschen aus mehr Hauhalten zusammen, als erlaubt ist. Es wird viel Werbung für kurze Wege gemacht, die Tiere sollen nicht weit transportiert werden vom Stall bis zum Schlachter. Aber das ist gar nicht möglich.
Die Leute geben die Schweine lieber zum Schlachthof, statt die Arbeit selber zu machen. Das ist auch Knochenarbeit, für ein Schwein brauchen vier Männer zwei Stunden. Wir haben die Woche geschlachtet, das Töten und Säubern aber nicht hier gemacht, sondern vom Schlachter erledigen lassen. Dann haben wir zwei Tage gebraucht, um alles zu verarbeiten, es zu zerlegen, die Wurst zu machen. Natürlich, man trinkt zwischendurch auch mal einen Schnaps, ein Bier, setzt sich zu Kaffee und Kuchen zusammen mit der Familie, das sind zwei besondere Tage.
Wenn früher im Dorf jemand geschlachtet hat, gingen die anderen hin und stellten eine Schüssel vor die Tür. Darin wurde dann etwas abgegeben. Weil jeder schlachtete, bekam auch jeder mal was. Da war die Gemeinschaft hier noch ganz anders. Jetzt stehen viele Häuser leer, es kommen manchmal Leute, die sich in die Gegend und in ein Haus verlieben, es kaufen und herziehen. Manche sind nur an ein paar Tagen hier, leben aber eigentlich in der Stadt.
Ich schlachte jedes Jahr ein Rind. Es ist schwer oder so gut wie unmöglich, jemand zu finden, der ein Achtel vom Rind abnimmt. Der bereit ist, alles vom Tier zu verarbeiten. Wer hat denn heute noch eine Tiefkühltruhe oder macht Rouladen oder Rinderbrühe, so altbackene Rezepte? Die Leute kochen so etwas nicht mehr, gehen eher essen.
Wenn ich in ein paar Jahren aufhöre mit der Viehhaltung, geht mein Land an den Nachbarn. Meine Tochter lebt nicht mehr hier im Dorf, ich habe also niemanden, der das fortführt. Der Nachbar kann dann noch ein paar mehr Kühe halten. Hier gibt es jetzt mehr Kühe als früher, er hat einen großen Stall gebaut. Land gibt es hier schon noch, es ändert sich eben von Generation zu Generation. Mal ist mehr da, mal weniger, mal ist es günstig, mal teuer.