Caro und Timo Hofmeyer

Was wir uns wünschen, ist mehr Akzeptanz in der Bevölkerung.

Seid ihr beide mit der Landwirtschaft groß geworden?

Timo Vor mir haben bestimmt schon fünf Generationen meiner Familie diesen Hof bewirtschaftet. Carlsdorf ist ein Hugenottendorf, wir sind ehemalige französische Flüchtlinge, die vor dreihundertzwanzig Jahren hier sesshaft geworden sind.

Caro Wir hatten auch etwas Landwirtschaft, mein Vater war im Zuchtrindereinkauf. Wir hatten immer Pferde. Ich wusste, auf was ich mich einlasse. Nach dem Abi habe ich bei der Bank gelernt und gearbeitet. Als die Kinder da waren, habe ich mich entschieden, hier auf dem Hof mitzuarbeiten. Wir wurden zu dieser Zeit größer. Als Max geboren wurde, haben wir die Biogasanlage gebaut. Ich habe auch von anderen landwirtschaftlichen Betrieben die Buchhaltung gemacht. Es kam immer mehr Büroarbeit auf meinen Schreibtisch, auch von meinen Schwiegereltern. Wir haben immer mehr Lohnarbeit für Berufskollegen gemacht, Abrechnungen und Dokumentationen wurden mehr und so bin ich in die Arbeit reingewachsen.

Wart ihr da noch ein reiner Familienbetrieb?

Timo Ja. Als die Kinder geboren wurden, 2003 und 2005, ging nichts mehr, es war ein sehr anstrengendes Jahr. Irgendwie muss ja ein bisschen Lebensqualität bleiben, man kann nicht nur arbeiten, so kam 2006 der erste Mitarbeiter. Stefan hatte gerade seinen Techniker gemacht, wollte nach bestandener Prüfung gern einmal bei einem Schweinehaltenden Betrieb reinschnuppern und ist heute zum Glück noch immer bei uns. Er hat später meine Cousine beim Maishächseln näher kennen gelernt und sie sind heute verheiratet und leben bei uns in Carlsdorf. Willi kam 2011 noch als Quereinsteiger dazu, er war damals „Ein-Euro-Jobber“ bei der Stadt und hat angefragt, ob er helfen könnte und wir Arbeit für Ihn hätten. Er hat seinen Führerschein machen können und schon eine ganze Weile einen richtigen Vollzeitjob bei uns. Wir sind sehr dankbar, dass wir ihn haben.

Azubis hatten wir auch. Felix hat bei uns gelernt und bis Sommer sein Anerkennungsjahr gemacht um nun 2 Jahre zur Technikerschule zu gehen. Er würde gerne zurückkommen und das wäre toll. Einen Azubi nach der Ausbildung zu halten, das wünscht sich fast jeder Betrieb. Mitarbeiter zu bekommen ist nicht einfach.

Dann haben wir noch einen Studenten, der seit 2012 sehr oft und regelmäßig zum Helfen kommt. Er ist klasse und wir möchten ihn nicht missen. Er ist sehr engagiert, so einen findet man im Leben nicht noch mal! Wir haben uns schon gefragt was wir machen sollen, wenn er sein Studium irgendwann beendet.

Was macht er bei euch?

Caro Schlepper fahren, reparieren, schrauben, basteln. Maschinen, das ist sein ein und alles. Er ist super flexibel und stellt die Uni auch schon einmal gern hinten an, wenn er gebraucht wird. Und wenn dann noch die Verpflegung stimmt… Wir haben ein tolles, junges Team. Durch Corona ist das Gesellige leider ganz schön weggefallen, sie sind gerne nach der Arbeit noch eine Bierlänge zusammen. Abends mal Pizza bestellen und fachsimpeln oder einfach nur über Land und Leute quatschen gehört schon mit dazu.

War es für dich selbstverständlich, den Betrieb zu übernehmen, Timo?

Ich habe noch einen jüngeren Bruder. Während er nicht ganz so interessiert war, bin ich so schnell wie möglich nach der Schule raus. Egal, ob es um den Stall ging oder Schlepperfahren, da wollte ich hin. Es war also schon sehr früh klar, dass ich den Betrieb übernehmen möchte. Als ich zwölf war, bekam ich noch eine jüngere Schwester, sie lebt heute in Südafrika. Ich habe mein Fachabitur in Richtung Agrar gemacht, in Witzenhausen. Dann eine landwirtschaftliche Lehre und den Meister. Meine Eltern sind heute 65, somit nur zwanzig Jahre älter als ich, und noch mit im Betrieb.

Caro Für eine Betriebsentwicklung war diese enge Familienfolge toll. Weil dein Opa am Anfang noch aktiv dabei war, dieses Jahr ist er 90 Jahre geworden, er war noch sehr lange sehr fit. Und dein Vater war jung. Dadurch konntet ihr viel leisten und entwickeln.

Wie ist aus eurem typisch kleinbäuerlichen Gemischtbetrieb der heutige Betrieb geworden?

Mein Vater hat seine Meisterarbeit Ende der 1970er Jahre geschrieben, da hatte der Betrieb fünfundzwanzig Hektar Ackerbau, fünfzehn Kühe, zwölf Sauen, ein paar Hühner. Heute bewirtschaften wir fünfhundert Hektar, haben knapp zweihundert Zuchtsauen, 1500 Mastplätze, eine Biogasanlage. Wir machen Lohnarbeiten für andere Landwirte, handeln Getreide und Strom. Jetzt sind wir recht breit aufgestellt und vielschichtig. Für einen Familienbetrieb vielleicht auch schon groß.

Unser Haus hier mitten im Ort hatte keine Perspektive für Milchkühe, es ist viel zu eng und zudem hatten wir fast kein Grünland. Meine Eltern haben deshalb in den 1980ern die Kühe abgeschafft und sich auf Schweine spezialisiert. Sie haben einen Maststall mit einem geschlossenen System gebaut. Das bedeutet, dass das Ferkel, was später als Mastschwein an den Metzger verkauft wird, schon im eigenen Betrieb geboren wird. Es verbringt sozusagen sein ganzes Leben auf dem einen Hof.  In der Regel ist es so, dass die Ferkel in einem Sauen haltenden Betrieb aufgezogen und mit 28 Kilogramm dann an einen Landwirt mit Maststall weiter verkauft werden.

Als ich Ende der 1990er aus der Lehre kam, haben wir einen neuen Zuchtsauenstall gebaut. Weil die Generationen so dicht zusammen waren und ich auch noch davon leben wollte, musste der Betrieb erweitert werden. Da waren Caro und ich gerade zusammen gekommen.

Gehört euer Betrieb hier in der Region zu den größeren?

Timo Ja, ich denke, das ist so. Sicher sagen einige, Hofmeyers, was die schon alles haben, wie viele Hektar Land, nun der neue Stall. Das kann man so sehen, andererseits geht es ja darum, der nächsten Generation einen gesunden, zukunftsfähigen Betrieb zu übergeben. Wir verdienen damit unseren Unterhalt, aber wir verkaufen den Betrieb ja nicht mit fünfundsechzig und machen uns ein tolles Leben. So ist es nicht gedacht.

Caro Wir hoffen schon im Stillen, dass die Kinder es gut finden und vielleicht Interesse haben. Wir haben das Gefühl, dass ihnen die Arbeit auf dem Betrieb Spaß macht, sie auch die Vorteile sehen, die so ein Beruf und so ein Leben bieten und sie sich das vorstellen können. Wir drängen sie nicht, sie sollen frei entscheiden und mal rechts und links schauen. Trotzdem möchten wir es ihnen auch schmackhaft machen und so gut wie möglich übergeben, mit Zukunftsaussichten. Das ist unser Antrieb.

In meiner Vorstellung ist der Beruf des Landwirts mit vielen Einschränkungen und wahnsinnig viel Arbeit verbunden. Früh aufstehen, kaum Urlaub, … wie nehmt ihr das wahr?

Timo Wir sind keine Frühaufsteher und fangen normalerweise um 7:30 Uhr an. Wir versuchen, an den normalen Tagen um 18:00 Uhr aufzuhören. Auch bei den Mitarbeitern müssen wir die Stunden im Blick behalten. Das sind so Maschinenverrückte, die fangen dann auch um fünf noch ein neues Feld an, obwohl man als Chef sagt, das müsst ihr nicht. Es gibt viele Abende, an denen es später wird oder ich noch an den Schreibtisch gehe. Der Samstag ist bei uns meist ein normaler Arbeitstag, sonntags ist natürlich trotzdem morgens und abends Stallzeit und die Biogasanlage muss gefüllt werden, aber da versuchen wir uns zumindest beim Abenddienst abzuwechseln. Am Neujahrstag freuen sich die Schweine aber auch noch, wenn ich um zehn in den Stall komme. Es kommt nicht auf die Stunde drauf an. Arbeit ist immer da, aber es macht ja auch Spaß.

Caro Ich empfinde es als Glück, mir einteilen zu können, wann ich was mache. Ich glaube, viele sehen gar nicht, dass man als Landwirt auch viele Freiheiten hat. Mal zu sagen, es ist ein Schlechtwettertag, da kann man andere Dinge erledigen. Wir haben viele Vorteile: Ich kann meine Arbeit im Büro meistens erledigen wann ich möchte und nachmittags mit unserer Tochter drei Stunden zum Pferd gehen. Dann muss man sich abends eben noch einmal aufraffen und hinsetzten. Das kann man als Angestellte nicht. Natürlich gibt es auch viele Tage bei uns, da geht nix nebenbei, da sind alle gefordert und es bleibt einiges andere liegen.

Bei uns verschwimmt natürlich auch Privates mit Beruflichem. Man kann schwer sagen, dass man sich einem freien Tag oder freies Wochenende nimmt und dann sieht, wie die anderen auf dem Hof rotieren. Das können wir nicht. Wenn wir zu Hause sind, sind wir dabei. Es hilft, mal am Abend essen zu gehen oder über’s Wochenende wegzufahren, die Freiheit nehmen wir uns.

Timo Schon meine Eltern und auch Großeltern fanden es wichtig, mindestens einmal im Jahr wegzufahren. Es ist ein Vorteil der dichten Generationenfolge, dass wir uns das gegenseitig ermöglichen können. Das macht vieles einfacher. Wir können mal spontan wegfahren.

Caro Urlaub ist schon schön und wichtig. Man muss raus, um nicht zu arbeiten, auch um gern wieder zurückzukommen. Und um immer wieder neu wertschätzen zu können, was wir an unserem Zuhause haben. Grundsätzlich muss man sagen, uns geht’s gut. Wir sind keine Landwirtschaftsfamilie, die gern und öffentlich klagt. Ich glaube, wir leben schon sehr ordentlich.

Die Biogasanlage ist für viele Landwirte ein wichtiges Standbein, ihr habt euch frühzeitig für den Bau entschieden. Wie kam das?

Die Biogasanlage kam 2005. Das EEG 2004 ermöglichte es, aus nachwachsenden Rohstoffen wie zum Beispiel Mais Biogas zu erzeugen, den zu verstromen und das Ganze auch wirtschaftlich darstellen zu können. Da waren wir ganz früh mit dabei. Der Bauantrag ging 2004 raus und im Mai 2005 sind wir ans Netz gegangen.

Caro Es zeichnet uns aus, dass wir viele Dinge früh angehen, ein wenig sind wir schon Pioniere. Unsere Biogasanlage war mit eine der ersten, die gebaut wurde. Es hat nicht alles gleich geklappt, ganz im Gegenteil. Wir haben hier und da die Fehler gemacht, die andere nach uns nicht mehr machen mussten. Es war furchtbar anstrengend, einfach, weil die Technik noch nicht ausgereift war, viele Fragen waren noch nicht geklärt: Wie baut man das, wir funktioniert das? Hofmeyers sind grundsätzlich recht offen für Neues, für’s Ausprobieren und scheuen sich nicht zu sagen, das machen wir!

Timo Bei Biogas war mein Vater die treibende Kraft, da war ich recht skeptisch was die Wirtschaftlichkeit anbelangt. Wenn wir in 2009 nicht das neue EEG bekommen hätten, wäre es auch nicht so gut gelaufen, dann wäre es wohl ein wirtschaftlicher Flop geworden. Die Gesetzgebung hat uns da doch noch reingespielt, dass es sich rentiert. Ganz viele Biogasanlagen laufen gerade mal so mit einer schwarzen Null. Es gibt viele Probleme damit, landauf, landab.

Wir haben Ende 2008 erweitert, damals waren die Baukosten noch recht human, ebenso die Auflagen. Wir haben viel selbstgemacht und ausprobiert, das ist gut gelaufen, im Nachhinein betrachtet war es der richtige Schritt. Aber wie oft sind wir nachts aufgestanden, Motoralarm! Wenn es drei Mal klingelte, bin ich drei mal nachts hingefahren. Wenn man Erfolg haben will, muss man hinterher sein, so ist das bei allen Dingen.

Caro Nachts war oft die Taktung: Alarm vom Motor, Alarm von Max, weil er gestillt werden wollte. Biogas und Baby im gleichen Jahr, das war wirklich anstrengend. Aber wenn man jung ist, plant man Gott sei Dank nicht alles bis ins kleinste Detail, man macht vieles einfach… Einmal ist Timo am Tag beim Spielen mit Max einfach eingeschlafen. Damals haben wir das aber auch leichter weggesteckt als heute. Wir waren trotzdem öfters abends am Wochenende unterwegs. Das haben uns unsere Eltern ermöglicht. Durch die räumliche Nähe und Dank Babyfon ging das ganz einfach und war für uns junge Leute Lebensqualität und auch wichtig

Timo Wir bauen irgendwie ständig! Wir haben die Biogas-Anlage erweitert, die Maschinenhalle gebaut, auf fast allen Dächern Photovoltaik errichtet und seit 2014 beschäftigt uns der neue Strohschweinestall. Da haben wir angefangen, uns Ställe anzuschauen. Hauptsächlich Bioställe, weil es im konventionellen Bereich fast nichts in der Richtung gab, was wir uns vorstellten.

Ihr habt einen Stall gebaut, in dem die Schweine sehr viel Licht, Luft und Platz haben. Das Besondere ist, dass sie auf Stroh stehen und nicht auf Spaltenböden, obwohl ihr nicht biologisch wirtschaftet. Was hat euch dazu bewegt?

Timo Ich bin konventioneller Landwirt und denke, ich kann ein bisschen einschätzen, wo es dem Tier gut geht, wo schlecht. Ich würde niemals sagen, dass es einem Mastschwein schlecht geht, nur, weil es auf einem Vollspaltenboden steht. Bei uns war es eigentlich so, dass wir überlegt haben, in welcher Art Stall man die nächsten zwanzig Jahre produzieren kann. Wir hatten unsere Zweifel, dass ein normaler, konventioneller Vollspaltenboden zukunftsfähig ist. Wie lange fragt der Markt diese Produkte noch nach und zu welchem Preis? Wir beide glauben nicht, dass wir mit einem solchen Stall in den kommenden zwanzig Jahren erfolgreich wirtschaften könnten.

Caro Das ist jetzt die nüchterne Seite. Mir gefallen die konventionellen Ställe nicht wirklich gut.

Timo Ja, du hast vielleicht noch mehr Probleme damit, weil du nicht in der Landwirtschaft groß geworden bist.

Caro Mag sein, ich bin damit nicht aufgewachsen, fand das nie normal und kann nachvollziehen, weshalb die Leute den konventionellen Ställen eher kritisch gegenüberstehen. Für den Strohstall war ich schon aus der nüchternen Perspektive, dass Menschen außerhalb der Landwirtschaft diese Art der Tierhaltung eher akzeptieren. Und auch für mich, ich komme damit einfach besser klar, kann mich damit identifizieren.

Timo Ja, das geht uns beiden so. Es stand für uns beide fest, dass es anders werden muss, dass ein konventioneller Stall nicht in Frage kommt. Vielleicht habe ich es eher von der betriebswirtschaftlichen Seite gesehen.

Caro. Der Stall und die Art der Tierhaltung muss auch optisch gefallen. Sicher ist meine Perspektive eher subjektiv und emotional. Diese Art Stall mit mehr Luft und Licht ist eher meins…

Timo Es spielen viele Dinge eine Rolle dafür, ob ein Tier sich wohl fühlt. Das liegt nicht allein am Stroh. Es kann sein, dass es einem Schwein auf Spaltenboden besser geht, als im schlecht geführten Strohstall.

Caro Es wird ja häufig gesagt, dass es den Tieren früher viel besser ging als heute. Ich kenne das noch von meinem Opa: Da standen die Tiere auch in Ställen auf Stroh, die waren aber klein, dunkel und eng. Die Luft war oft miserabel, für Tier und Mensch. Das wurde einfach nicht hinterfragt, weil es der Nachbar genauso machte, es war Stand der Technik und Wissenschaft. Und weil es eventuell auch keine andere Möglichkeit gab, es war eben so. Ich kann aber nicht behaupten, dass es den Tieren damals gut ging und dass diese Ställe unseren heutigen Ansprüchen an Tierwohl genügen würden.

Timo Wann fängt Masse an, wann hört Masse auf? Wie kann man messen, ob es den Tieren in einer Bucht mit zwanzig Tieren schlechter geht, nur weil es im selben Stall noch weitere Buchten mit jeweils zwanzig Tieren gibt? Der Landwirt kümmert sich ja genauso um die Tiere. Zu sagen, ich habe so und so viele Tiere auf einem Standort, deshalb ist es Massentierhaltung und deshalb ist es schlecht, das finde ich ein bisschen verklärt und den Landwirten gegenüber unfair. Es gibt ganz viele Höfe mit nur zwanzig Tieren, in denen es furchtbar ist und in die ich nicht reingehen möchte. Da möchtest du kein Schwein sein. Aber das wird pauschal als gut hingestellt. Eine sehr einseitige Sichtweise.

Den Stall, den ihr euch vorgestellt habt, gab es so gar nicht von der Stange. Ihr habt ihn selber entworfen?

Timo Wir haben viel gezeichnet, mit Beratern gesprochen, überlegt und geplant bis wir irgendwann auf unser Konzept gekommen sind. 2015 haben wir den ersten Bauantrag eingereicht, da wussten wir noch nicht, dass es drei Jahre dauern sollte, bis wir eine Genehmigung bekommen. Vielleicht war es gut, dass es so lange gedauert hat, es wäre mit Sicherheit schwieriger geworden mit der Vermarktung. Selbst in 2019 haben wir noch erlebt, wie schwer es war.

Caro Wir haben die ersten Schweine noch zum konventionellen Preis verkauft, hatten keinen Vermarktungspartner. Da haben wir abends hier gesessen und überlegt, ob es der richtige Schritt war. Du bist ja immer ein wenig zuversichtlicher, aber ich hatte schon Zweifel.

Timo In den Medien hört man täglich, dass Landwirte in Tierwohl investieren müssen. Aber tatsächlich verlangt der Markt das nicht, oder nur in geringen Stückzahlen.

Caro Die Einzelhändler sagen, dass sie die Produkte nicht vermarkten können. Aber ich finde, es ist eine zwiespältige Angelegenheit: Wenn das Produkt „Strohschwein“ neu ist, muss es erstmal beworben und erklärt werden, damit die Menschen sich dafür entscheiden. Es muss sichtbar sein. Für jeden Pups wird Werbung gemacht, aber für diese angeblich gesellschaftlich wichtige Sache, die alle angeht, nur sehr wenig.

Ihr seid vom Einzelhandel komplett abhängig?

Timo Das ist es ja. Es braucht einfach eine lange Zeit, um genügend Verbraucher dazu zu bringen, das Produkt anzunehmen. So schlecht machen sie das gar nicht, die Einzelhändler, es ist in der Werbung, aber trotzdem gehen keine Riesenmengen. Leider ist es so, dass es sich am Ende des Tages rechnen muss. Ich sehe nicht, dass die Nachfrage sprunghaft ansteigen wird, es wird ein Nischenprodukt bleiben.

Ich glaube, der Verbraucher versucht nach wie vor, seine Nahrungsmittel günstig einzukaufen. So sind wir Deutschen einfach, wir vergleichen Preise, das hört bei Nahrungsmitteln leider nicht auf. Das Schnitzel, das heute in der Werbung für fünf Euro im Angebot ist, ist ja nicht schlechter als das gleiche am nächsten Tag für acht Euro. Es gibt keinen Qualitätsunterschied. Warum soll ich dann dem Verbraucher böse sein, wenn der sich für das günstige entscheidet? Circa fünfzig Prozent des Fleisches werden im Einzelhandel zum Angebotspreis verkauft!

Caro Das ist schon interessant, dass ganz viele Verbraucher so ticken. Es wird im Angebot gekauft und eingefroren. Wir erreichen mit unserem Produkt nur die Käufer, die nicht auf die Angebote springen. Unser Strohschwein hebt sich ein bisschen ab vom konventionellen Fleisch, ist nur etwas teurer als das konventionelle und viel günstiger als Biofleisch, es ist eine neue Produktschiene. Wenn die Leute nicht direkt beim Einkauf darauf angesprochen werden, fragen sie es von sich aus nicht nach. Es muss noch ganz viel erklärt und natürlich auch sehr ansprechend präsentiert werden. Es ist zwar noch ein Nischenprodukt, aber es gehört auf keinen Fall in eine Nische um zu funktionieren.

Wenn ich erzähle, wie wenig ein Landwirt an einem konventionell gemästeten Schwein verdient, sind die meisten Leute schockiert. Wie ist es mit den Preisen für eure Strohschweine?

Timo Wir sind viel eher an konventionell als an bio. Der Biopreis für das Kilo Schwein am Haken liegt bei um die 3,80 Euro, der konventionelle bei 1,50 Euro und wir bekommen um die 20 Cent mehr pro Kilo. Im letzten halben Jahr hat man an einem Schwein keine fünf Euro verdient. Wegen Corona und der afrikanischen Schweinepest. Wir hatten einen Preis von 1,19 Euro das Kilo oder tiefer. Es gibt eine offizielle deutsche Notierung, nach der eigentlich abgerechnet wird. Aber es gibt immer mal wieder Wochen, in denen der Absatz so schlecht ist, dass die großen Schlachthöfe Hauspreise machen und noch mal von sich aus weniger zahlen. Ich weiß von Kollegen, die 1,08 Euro für ein Kilo bekommen haben! Damit sind teilweise die Kosten nicht zu decken. Wenn die Schweine überhaupt abgenommen wurden, sie sind ja auch zu schwer geworden. In den Medien kam der Begriff „Schweinestau“ auf. Sie konnten nicht rechtzeitig geschlachtet werden, da wurde noch viel weniger gezahlt, eine Katastrophe.

Caro Zum Glück sind wir da raus. Das ist ein gutes Gefühl. Wir haben eine gewisse Sicherheit und haben mehrere Standbeine.

Timo Uns hat das Strohschwein über die Krise gerettet! Wir hatten den Absatz und nach wie vor einen ganz respektablen Preis. Edeka hat gesagt, wir machen die Abwärtsspirale nicht mit, ihnen ist es wichtig, dass wir weiter liefern und unser Produkt in den regionalen Ladentheken vorhanden ist. An der Theke wurde der Preis unseres Fleisches auch nicht abgesenkt, damit die Wertigkeit bleibt. Gleich an dem Tag, als der Preis so runter krachte, haben sie uns angerufen und mitgeteilt, dass wir uns nicht sorgen brauchen. Dies empfanden wir als einen sehr fairen Umgang.

Wieviel mehr Platz haben eure Schweine im Vergleich zu den Mindeststandards für die konventionelle Haltung?

Caro Sie haben ungefähr doppelt so viel Platz wie gesetzlich vorgeschrieben. Und das ist auch gut sichtbar. Ein Besucher hat oft keinen Vergleich. Er muss vom ersten Eindruck sagen können, das gefällt mir, das sieht gut aus.

Timo Wir waren damals bei den Planungen davon ausgegangen, wenn man eine Schiene kreieren möchte und die Verbraucher damit ansprechen möchte, kann man nicht mit 25% mehr Platz anfangen. Wir fanden, das würde nicht ausreichen.

Caro Wir haben auch daran gedacht, dass der Stall, falls wir in der Zukunft doch einmal auf Bio umstellen, genug Platz bieten sollte. Damals wussten wir noch nicht, an wen wir vermarkten werden.

Habt ihr überlegt, auf Bio umzustellen?

Timo Ja, aber das passt gesamtbetrieblich nicht, deshalb haben wir das nicht ernsthaft durchgerechnet. Wir hätten wirklich alles umstellen müssen, damit es zum restlichen Betrieb passt. Dazu gehört nicht nur der Futteranbau, sondern auch die Biogasanlage. Die hätten wir dann mit Biomais betreiben müssen und das hätte wiederum Auswirkungen auf die Bauern, die uns einen Teil des Maises liefern. Außerdem hätten wir unsere eigenen Ferkel aus dem Zuchtsauenstall nicht mehr in den neuen Stall aufstallen können. Bei solch einer gesamten Umstellung auf einen Biobetrieb müsste der Sauen- und Ferkelstall zeitlich weit vor dem Neubau des Strohschweinestalls neugebaut oder zumindest sehr aufwendig zu einem Biostall umgebaut werden. Das ist ein riesiger Aufwand und enorme Investitionen. So haben wir erstmal mit den Strohschweinen angefangen und beobachten, wie es weiter geht.[1]

Caro Wir haben das Thema schon in unseren Gedanken hin- und hergewälzt. Der Stall ist so groß, dass wir dieselbe Anzahl an Tieren im Biobereich halten könnten, wenn wir den Stall um einen entsprechenden Freilauf ergänzen.

Ist der Unterschied zwischen Bio und euren Schweinen dann nur das Futter?

Timo: Nicht nur. Das Futter ist natürlich unser eigenes, aber es ist nicht biozertifiziert, weil wir eben gesamtbetrieblich kein Biobetrieb sind. Und die Ferkel für diesen neuen Strohstall kommen aus konventioneller Stallhaltung.

Der Strohstall selbst braucht für einen Biostall noch den erwähnten unüberdachten Auslauf.

Findet ihr, dass sich dieser Mehrplatz für die Tiere tatsächlich lohnt?

Timo Die Schweine zeigen es vielleicht mit etwas besserer Leistung. Sie wachsen etwas schneller, haben eine gute Futteraufnahme und setzen dadurch gut Fleisch an. Wir Landwirte sprechen dann davon, dass das Tier eine gute Leistung erbringt.

Caro Sie wirken sehr gesund und vital. Sie sind sehr aktiv und agil. Sie fressen gut… Unsere Tierarztkosten sind erfreulicherweise sehr niedrig.

Könnt ihr auf das Kupieren der Schwänzchen verzichten?

Timo Die Schwänzchen unserer Schweine sind kupiert. Sie sind nicht ganz kurz, haben aber auch nicht den ganz langen Ringelschwanz. Wir haben es probiert, sie dran zu lassen. Im Strohstall würde es wohl auch funktionieren. Aber sie kommen ja aus dem herkömmlichen konventionellen Stall und da gibt es Probleme. Wenn man sieht, was passiert, wenn man sie dran lässt, ist das eindeutig kein Tierwohl. Dann lieber den Schwanz kürzen. Bei einem ganz jungen Ferkel mit heißer Klinge, so dass sich die Narbe sofort verschließt. Ich sehe nicht, dass dem Tier hiermit Leid zugeführt wird, denn in dem hinteren Teil des Schwänzchens sind keine Nerven. Damit schießt man viele Probleme aus.

Caro Es muss ja nur ein Ferkel in der Gruppe sein, das ein wenig stänkert und überall dran rum beißt, das ist im Grunde ein Spieltrieb. Es ist für uns schwer, diesen Übeltäter rauszufinden unter den zwanzig. Mir gefällt es gar nicht, wenn sie durch das Knabbern verletzt werden.

Timo Oben im Stall haben sie eigentlich keinen Anlass, weil sie am Stroh genug zu knabbern und Platz haben. Ferkel, die diese Angewohnheit aber schon aus dem Aufzuchtstall mit bringen, lassen nur sehr selten dann gänzlich davon im neuen Stall ab. Man muss fairerweise sagen, dass auch Biobetriebe Probleme mit dem Schwanzanknabbern haben. Auch Stroh und Platz helfen nicht zu hundert Prozent, das zu verhindern.

Caro Manchmal haben wir monatelang keine Probleme damit. Das Knabbern passiert auch bei den gekürzten Schwänzchen, aber dann merken sie es sofort und gehen weg. Es wird dann nicht geduldet, weil sie das Knabbern des Kollegen spüren. Dadurch entsteht keine Bisswunde, kein Schorf. Schweine, die derartige Verletzungen haben, müssen natürlich aus der Gruppe rausgenommen werden. Sie werden in unserer Krankenbucht entsprechend behandelt und es kann abheilen. Am besten, man findet durch langes und ruhiges Beobachten auch noch den Übeltäter. Schön ist diese Problematik jedenfalls für alle Beteiligten nicht, darum findet man das Kürzen nur noch halb so schlimm.

Timo Man kann natürlich trefflich drüber streiten, ob man das Kupieren noch haben möchte oder nicht. Aber man bekommt ja auch nicht gesagt, was anstatt dessen wirkt. Wir möchten den Tieren keine Schmerzen zufügen. Wir wären die Letzten die sagen, wir möchten das machen. Das ist ja auch noch ein zusätzlicher Arbeitsschritt. Aber es hat noch niemand eine gangbare Alternative gefunden. Einfach zu sagen, wir lassen die Schwänzchen jetzt dran und dann ist alles toll, das geht nicht. Dann ist eben nicht alles toll! Das geht in ein paar Gruppen gut und in anderen geht es zu Lasten der Tiere. Das ist kein schöner Anblick, mir tut das weh und muss nicht sein. Es ist zwiespältig.

Macht euch die Berichterstattung über die konventionelle Landwirtschaft, wie sie größtenteils in den Medien geführt wird, betroffen?

Timo Ich kenne Kollegen, die haben auf bio umgestellt, weil sie dem Druck nicht mehr standhalten. Nicht aus der Überzeugung, dass bio besser ist, sondern weil sie zu den Guten gehören wollen. Sie verkraften es nicht mehr, immer in der Kritik zu stehen. Egal, ob man die Zeitung aufschlägt oder das Fernsehen anmacht, da wird mit einem als Landwirt nicht ganz fair umgegangen. Viele wissenschaftliche Erkenntnisse werden außen vorgelassen, es ist vielmehr eine Gefühlsebene, die den Ton angibt, weil einige meinen, dass die konventionelle Landwirtschaft der falsche Weg sei.

Das ist schon ein Thema, das viele Landwirte umtreibt. Für viele ist die Umstellung auf bio eine betriebswirtschaftliche Frage: Kann ich mir das leisten? Kann ich meine Familie davon ernähren? Wie ist es, wenn viele umstellen? Ist überhaupt der Markt da? Fallen die Preise für Bioprodukte auch? Wir erleben ja schon teilweise, dass auch Biopreise erheblich unter Druck kommen, weil größere Betriebe umstellen. Mit der Folge, dass viele kleine Biobetriebe, die das aus Überzeugung über Jahre gemacht haben, die aus ideologischen Gründen gar nicht konventionell wirtschaften wollen, in Schwierigkeiten geraten.

Da setzt jetzt die gleiche Spirale ein, wie sie schon seit Jahren im konventionellen Bereich vorherrscht. Alle müssen größer werden und mehr produzieren, damit die Familie davon leben kann. Es ist einfach Fakt, dass ein achtzig oder hundert Hektar Betrieb mit ein paar Schweinen keine Familie ernähren kann. Das gleiche droht den Biobetrieben jetzt auch. Es sei denn, sie sind Direktvermarkter und beliefern ihre eigene Nische, nicht den normalen Markt. Aber das kann ja nicht jeder machen. Es werden nicht alle Leute aus der Stadt rausfahren und täglich frisch mit einem kleinen Körbchen irgendwo direkt beim Landwirt kaufen. Die Einzelhandelsketten werden die wichtigsten Vertreiber bleiben.

Ich erachte die ganze Diskussion als nicht besonders zielführend. Wir beweisen mit unserem Konzept, dass es auch andere Wege gibt. Aber die können nicht für alle landwirtschaftlichen Betriebe funktionieren. Erstmal stehen immense Kosten dahinter. Wir haben 1,6 Millionen Euro in den Stall investiert, das ist für viele gar nicht darstellbar. Außerdem muss die Mehrheit der Landwirte konventionell wirtschaften, weil der Absatz in den Nischenbereichen begrenzt ist. Da kann ich doch nicht hergehen und die konventionelle Landwirtschaft ständig schlecht reden.

Warum steht denn der Verbraucher nicht mehr zu dem, was er kauft? Wenn man die Leute vor dem Reingehen in den Laden fragt, sagen sie, sie kaufen bio und regional, beim Rauskommen haben sie dann etwas anderes im Wagen. Dabei kann man konventionelle Lebensmittel doch guten Gewissens kaufen, wir haben weltweit die höchsten Standards, was Tierhaltung, Auflagen und Kontrollen anbelangt. So gut, wie es einem Schwein in Deutschland geht, geht es ihm wahrscheinlich kaum irgendwo auf der Welt. Grundsätzlich ist es doch nicht ganz falsch, unser System. Wenn man sich überlegt, dass die überwältigende Mehrheit der Weltbevölkerung froh ist, satt zu werden, sind wir ganz schön abgehoben und kritisieren und reden schlecht.

Caro Was wir uns wünschen, ist mehr Akzeptanz und Wertschätzung in der Bevölkerung. Das wünschen sich alle Landwirte, egal ob bio oder konventionell. Mit unsachgemäßer Kritik und unwissendem Hinterherlaufen wird niemanden geholfen….

Was würdet ihr euch von den Medien wünschen?

Timo Einen differenzierteren Blick. Dass an dem, was schief läuft, nicht nur eine Bevölkerungs- oder Berufsgruppe für schuldig befunden wird. Dass man es sich nicht ganz so einfach macht. Ob es nun die Fleischproduktion ist, die Nitratbelastung des Grundwassers oder die Insekten. Da ist ein einseitiger Blick und das finde ich nicht ganz fair. Weil es doch vielschichtiger ist.

Haben eurer Meinung nach auch manche politischen Entscheidungen dazu beigetragen, dass die Landwirtschaft gerade für viele Umweltprobleme verantwortlich gemacht wird?

Timo Die Ausbildung der Landwirte ist in staatlicher Hand. Ställe, die bis vor kurzem mit staatlichen Fördermitteln gebaut wurden, sind plötzlich schlecht und inakzeptabel. Man kann viele Sachen hinterfragen: An dem Insektensterben sind Landwirte in erster Linie Schuld. Aber alles das, wo früher ein Insekt genistet hat, wie der Misthaufen im freien Feld, ist nicht mehr erlaubt! Wir müssen den Mist jetzt abdecken, damit der Stickstoff nicht in die Luft geht. Nun, da muss man sich nicht wundern, dass es weniger Insekten gibt. Es war über Jahrhunderte so, dass der Landwirt seinen Mist auf den Acker gefahren hat, meistens lag er da noch eine Weile und bot Nahrung für Insekten und Vögel. Heute wird die Gülle oder der Mist in sehr kleinen Zeitfenstern im Jahr mit einer Maschine auf dem Acker verteilt. Diese muss in unmittelbarer Zeit - wir sprechen hier von nur wenigen Stunden - eingearbeitet werden. Damals hat man einen Tag Mist gestreut und vielleicht eine Woche später, wenn man Zeit hatte, hat man es eingepflügt. Und zwischendurch war da Lebensraum für Insekten und Vögel. Man verbietet uns das heute, aber wir sind Schuld, dass es keine Insekten mehr gibt.

Ich will die Situation gar nicht einer Partei zuschreiben und mag es auch gar nicht, die einen als die Guten und die anderen als die Bösen hinzustellen. Klar hat man ein wenig Angst vor der ein oder anderen Personalentscheidung. Wenn ich mir zum Beispiel Herrn Hofreiter als Landwirtschaftsminister vorstellen müsste, hätte ich Bauchschmerzen und Sorge, was nun kommen mag. Weil dann wahrscheinlich noch weniger auf Basis wissenschaftlicher Ergebnisse entschieden würde, sondern ideologische und emotionale Ansichten eine noch größere Rolle spielen könnten. Das heißt aber nicht, dass wir den Grünen nicht auch einiges zu verdanken haben, Biogas hätte es zum Beispiel ohne rot-grün gar nicht gegeben. Damit verdienen wir seitdem einen Teil unseres Einkommens. Ich bin also nicht gegen die eine oder andere Partei, es gibt auch hier nicht nur Schwarz-Weiß, dann würden auch wir es uns zu einfach machen.

Kann man sagen, dass ihr versucht, traditionelle Strukturen mit den neuen Anforderungen der Gesellschaft zu vereinen?

Timo Ja, das sehen wir schon so. Ich bin bei der Stadtverordnetenversammlung dabei, wir interessieren uns nicht nur für Landwirtschaft. Es ist mir und uns daneben sehr wichtig, uns für das Geschehen im Ort, in der Gemeinde, im Verein usw. zu interessieren und uns einzubringen.

Caro Wir haben viele Freunde, die nichts oder sehr entfernt mit der Landwirtschaft zu tun haben, und ich finde es ganz wichtig, mit ihnen darüber zu sprechen, um ihre Sichtweise kennenzulernen. Und um zu verstehen, warum sie manche Dinge anders sehen als ich. Man lernt viel für die Zukunft, für die Entwicklung der landwirtschaftlichen Betriebe, wo die Reise hingeht. Was möchten die Menschen, wie sehen sie die Landwirtschaft? Es hilft uns sehr, uns nicht nur im eigenen Berufskreis zu bewegen. Unsere Freunde, die nur bio kaufen oder sich vegetarisch ernähren, warum machen die das? Ob ich das jetzt richtig oder falsch finde, darum geht es nicht. Ich mag es nicht gerne, wenn man sich nur einseitig informiert und positioniert. Wenn man nur auf die Berufskollegen schaut, die oft unzufrieden sind, können wir uns nicht weiterentwickeln. Ich sehe mich nicht nur als Landwirtin, das ist mein Beruf. Sich außerhalb zu informieren, andere Sichtweisen kennenzulernen, hilft uns viel bei Entscheidungen, die wir für unseren Betrieb treffen.

Ich finde es wichtig zu sagen, dass es uns gut geht. Dass es nicht nur Landwirte gibt, denen es ganz schlecht geht. Wir verdienen unser gutes Geld, können unsere Angestellten bezahlen und davon leben auch noch ihre Familien. Wenn man sich Mühe gibt, interessiert, neugierig und fachlich und betriebswirtschaftlich fit ist, lässt sich auch in der Landwirtschaft Geld verdienen. Akzeptanz, Wertschätzung und auch einen ehrlichen Blick von Außen ist das, was wirklich fehlt und viele Berufskollegen viel mehr belastet als lange Tage, wenig Urlaub und die Einkommenssituation. Es ist nicht alles so schlecht, was wir machen. Jeder gibt täglich sein Bestes.

Footnotes

  1. Die EU-Öko-Verordnung zur Schweinehaltung finden Sie hier: https://llh.hessen.de/umwelt/oekologischer-landbau/umstellung-auf-den-oekolandbau/eu-oeko-vo-schwein/