Befürchtet ihr Gegenwind aus dem Dorf, wenn ihr einen Schweinestall bauen wollt?
Es ist schon so, dass sich manche beschweren. Im Nachbarort hat jetzt jemand aus einem Rinderstall einen Schweinestall gemacht, da hatten die Leute Angst wegen des Geruchs.
Ich fahre ja täglich mit dem Schlepper den Grasweg zum Hühnermobil und wenn es regnet, ist der natürlich matschig, aber ich stelle den dann schon wieder her. Da gibt es Leute, die mit dem Hund langlaufen wollen und motzen. Ich rede mit ihnen, es gibt ja noch andere Wege, die sie gehen können. Wenn ich Kalk fahre und der Wind ungünstig kommt fragen die Leute auch, ob ich das nicht wann anders machen könnte. Aber dann erklärt man es und sie hören zu, es ist eigentlich ganz entspannt hier. Über die Hundeleute rege ich mich ja auch schon mal auf, wenn die Haufen auf unserer Wiese liegen, das muss nicht sein. Im Winter sind die Kinder über den Raps Schlitten gefahren und auch in den Zaun vom Hühnermobil, da rege ich mich schon auf. Aber wir haben eine Ortsgruppe, da schreibe ich rein und wir klären das. Auf der anderen Seite schreiben mir auch die Leute, wenn sie einen Fuchs am Hühnermobil sehen und warnen mich. Oder wenn ein Schaf abhaut. Einer der Böcke merkt es, wenn wenig Strom auf dem Zaun ist und haut gerne ab.
Das Hühnermobil ist dein Weg, der hier funktioniert. Aber der Eierverbrauch in Deutschland ist ja so hoch, dass er nie von Legehennen in mobiler Haltung gedeckt werden könnte. Ich denke da vor allem an die ganzen Eier, die in Fertigprodukten stecken.
Die Eier in den Fertigprodukten sind ja meist aus den großen Ställen mit zwölf-, fünfzehnen-, achtzehn- oder zwanzigtausend Legehennen in Freiland- oder Bodenhaltung. Ich bin da auch kein Gegner von. Der Betrieb, in dem ich mein zweites Lehrjahr gemacht habe, hat jetzt für zwölftausend Legehennen gebaut, da würde ich auch sofort drin arbeiten. Die arbeiten nach Naturland Richtlinien, die Legehennen haben theoretisch genau so viel Platz wie hier, nur im Stall. Es ist halt groß, der Legehenne ist das aber egal, ob sie nun zehn Nachbarn hat oder 11.999. Natürlich sind die Wege in einem großen Stall weiter, meine Legehennen sind ja relativ schnell vom Stall draußen. Wenn die Henne jetzt mitten im Stall ist, dann muss sie natürlich schon Mal laufen. Aber sie hat genau denselben Platz. Also, ich will nicht sagen, dass das eine nur gut ist und das andere nur schlecht.
In so einem Feststall gibt es wesentlich mehr Möglichkeiten, was für die Legehenne zu tun, was ich jetzt hier im mobilen nicht habe. Da ist zum Beispiel zu wenig Platz für einen Kaltscharrraum. Im festen Stall ist es nicht so beengt, so dass man den Hennen noch ein größeres Angebot bieten kann. Die Henne hat immer, rein rechnerisch, denselben Platz.
Es ist genauso, wie bei einem Mastschwein. Man sieht immer nur die Bilder von den Grünen: 0,75 Quadratmeter und ein Schwein. Es ist theoretisch so, wenn man eine Bucht mit zwanzig Schweinen annimmt, hat sie fünfzehn Quadratmeter zur Verfügung. Das ist ja schonmal groß und die Schweine stehen nicht so dichtgedrängt, wie es aussieht. Je größer die Gruppe, desto mehr Angebote kann man den Tieren machen. Mit Ruhezonen zum Beispiel. In einer Großbucht kann man dem Schwein mehr bieten, obwohl es je Schwein die gleiche Anzahl Quadratmeter hat wie in einer kleinen Gruppe.
Findest du, dass über den Begriff „Massentierhaltung“ viel differenziert gesprochen werden muss?
Ich finde ihn Schwachsinn, den Begriff! Was heißt denn Massentierhaltung? Eigentlich sind dreihundertfünfzig Hühner ja schon eine Masse. Aber du siehst, sie haben Platz, frisches Grün, Abwechslung. Den Hühnern geht's gut! Und ich sag mal, wenn dann jemand schreibt, dass Haltung in großen Ställen automatisch Tierquälerei sei, das stimmt ja nicht.
Zehn Schweinen kann es schlechter gehen als tausend. Zwei Hühnern kann es schlechter gehen als zwölftausend. Je nachdem, wie der Betriebsleiter drauf ist. Natürlich gibt es schwarze Schafe, aber die gibt es überall: Die, die sich die Kippen voll machen. Bei den Handwerkern, den Bankern, in jeder Branche, der Dieselskandal und so weiter. Das färbt dann halt auf alle ab.
Ein gequältes Tier bringt zudem keine Leistung: keine Milch, kein Ei, kein Fleisch. Und der Landwirt will ja die Leistung. Je schneller ein Schwein zunimmt, desto eher kann er es verkaufen, desto weniger Kosten kommen drauf, genauso ist es bei der Henne. Die Henne soll ja alle vierundzwanzig bis fünfundzwanzig Stunden ein Ei legen. Wenn ich hier nur fünfzig Prozent Legeleistung habe, dann lohnt es sich nicht. Also sorge ich und auch die anderen Landwirte dafür, dass es den Tieren gut geht. In Deutschland wird kein Tier bewusst gequält.
Wenn du nachts ein Foto von den Hühnern machen würdest, sieht es aus, als säßen tausende auf einem Quadratmeter. Da hatte ich auch am Anfang Angst. Ich bin die erste Nacht reingekommen und die Hühner saßen alle dicht gedrängt, während hinten zwei Meter Voliere frei waren. Ich habe die Hühner immer und immer wieder umgesetzt. Die sitzen nachts Wort wörtlich wie die Hühner auf der Stange, dicht an dicht. Das ist hier so, das ist in einem zwölftausender Stall so. Wenn du nachts im Schweinestall bist, ist es genauso. Natürlich liegen die Schweine alle auf einem Haufen. Wenn du da im Grauen ein Bild von machst denkt der Verbraucher: „Ach du Scheiße!“ Da ist die Berichterstattung schon ein bisschen einseitig.
Sollen wir alle nur noch zehn Schweine, zwei Kühe und zehn Hühner halten, so, wie es früher war? Mein Opa kam aus dem Ersten Weltkrieg, hat den Betrieb aufgebaut. Natürlich war alles zerstört und jeder Krümel Mist war Gold wert, weil er zum Wachsen anregt. Es gab Hunger und die Leute waren froh, dass die Landwirtschaft wuchs und die Verpflegung sicher war. Da hat man drauf hingearbeitet, jetzt ist es für viele selbstverständlich, dass alles zur Verfügung steht.
Dabei können wir in Deutschland nicht alles produzieren, jetzt war schon ApfelüberschreitungstagBeim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft finden Sie hier die Versorgungsbilanzen. (Abgerufen im Mai 2021.), Ende April. Schon im Februar ist anderes Obst überschritten. Natürlich exportieren wir auch, wir können Fleisch und wir können Milch. Bei Legehennen sind wir bei ungefähr siebzig Prozent Selbstversorgung, die restlichen Eier kommen aus dem Ausland. Wir müssen importieren, also müssen wir auch exportieren.
Führt ihr manchmal über diese Themen Gespräche mit Bekannten oder Freunden?
Ja, ab und zu führen wir auch im Freundeskreis Gespräche über den Beruf Landwirt und alles, was damit zusammenhängt. Wir haben im Freundeskreis Veganer, jeder hat seine eigene Meinung und da ist es manchmal schwierig, sich über das Thema „Landwirtschaft“ zu unterhalten. Da kommen dann auch schonmal Diskussionen auf. Zum Beispiel über den Ausstoß klimaschädlicher Gase, Tierquälerei, den Sinn der Nutztierhaltung und so weiter. Uns stellt sich dann die Frage, ob es wirklich klimafreundlich ist, Quinoa-Samen oder Avocados aus weit entfernten Ländern hier her schiffen zu lassen. Ob ein Stück Fleisch vom Metzger aus der Region wirklich die Umwelt mehr belastet, als Fleischimitate? Viele sind ja der Ansicht, sie würden durch den Fleischverzicht klimaneutraler leben. Aber es kommt doch auch darauf an, wovon man sich sonst ernährt und wie man lebt!
Viele unserer Bekannten und Freunde stehen hinter uns und unserer Landwirtschaft, auch in Bezug auf die Tierhaltung. Die Hühner haben ein schönes Leben, mit frischem Gras und freiem Auslauf, was sie genießen. Wir tauschen uns gerne über Neues aus und somit können wir uns immer weiterentwickeln und nehmen auch gerne Anregungen und Ideen entgegen.
Ich halte meinen Stall offen und zeige und erkläre gerne. Das Angebot besteht für jedermann, wer kommen möchte, kann sich gerne bei mir melden und sich unsere Tiere angucken!