Cosima Fleischhauer

Seitdem die Massen keine Tiere mehr halten, seitdem gibt es Massentierhaltung.

Ich habe Bauer Willi gebeten, in seinem Blogwww.bauerwilli.com über die Bauernkünste zu berichten, um weitere Interviewpartner in Hessen zu finden. Du hast dich sofort bei mir gemeldet, weil es dir wichtig ist, mal offen deine Meinung zu sagen.

Genau! Ich will offen reden. Mich ärgert ganz besonders die Radikalisierung in der Debatte.

Zum Beispiel beim Thema Veganismus: Das Schwein steht in Nahrungskonkurrenz zu uns, denn wir sind, genau wie sie, Allesfresser. Die Kuh hingegen ist das nicht, denn sie frisst das Gras, das wir nicht abweiden können. Wenn alle vegan sind, wer soll das denn essen? Die Weiden verbuschen, zur menschlichen Ernährung tragen die Flächen dann nicht mehr bei, denn sie taugen nicht als Ackerflächen. Die Leute sollen in den Bus steigen und herkommen und grasen.

Das ist eine Pseudo-Religion, soll doch jeder essen, was er will. Es ist die Entscheidung jedes einzelnen, ob er Milch oder Quark oder Fleisch essen will oder eben nicht. Die Kirche hat als wertgebende Institution abgedankt, jetzt müssen anscheinend andere Glaubenssätze her. Entweder ich schütze Tiere oder Pflanzen oder bin gegen die Autobahn. Mit irgendwas muss man sich identifizieren, einer Gruppe zugehören. Vegan ist nicht gleich ökologisch!

Ich sehe zu, dass ich kein Zeug zu mir nehme, das erst um die halbe Welt geschippert werden muss. Warum soll ich Mandelmilch trinken? Das kommt von weit her und verbraucht viele Ressourcen. Wenn sie in Brasilien den Regenwald abbrennen, kannst du im ersten Jahr Sojabohnen anbauen, wegen der Asche. Danach geht der Ertrag runter, weil die Böden gar keine Nährstoffe haben. Und die Leute meinen, Sojamilch sei ökologischer als Kuhmilch! Wieso muss man Quinoa essen? Wieso muss ich den Leuten in Lateinamerika ihr Grundnahrungsmittel weg essen? Nur weil es hip ist? Inzwischen wird Quinoa zwar auch in Europa angebaut, aber man könnte genauso gut Brennnesselsamen essen. Die haben sogar noch mehr Nährwert.

Man kann die Samen der Brennnessel essen? Das wusste ich gar nicht.

Ja, man muss gucken, es gibt männliche und weibliche Pflanzen. Neulich habe ich sie im Laden gesehen, für über zwei Euro so ein paar Samen. Da habe ich gedacht, die Menschheit verblödet immer mehr, Brennnessel wächst doch überall!

Vielleicht wissen die Leute nicht mehr, welche Brennnesseln oder andere Früchte man ernten kann, die nicht gespritzt oder verunreinigt sind. Es fühlt sich sicherer an, eingepackte Lebensmittel zu kaufen, die von einer Behörde kontrolliert wurden.

Am besten künstliche Lebensmittel, in Pillenform gepresst, dann brauchen wir nur noch ein Labor. Die Flächen sind dann frei für Wolfskuschler und Insektenschützer und wir pfeifen uns nur noch eine Pille rein. Das ist diese ganze Bequemlichkeit. Im Osten waren Schrebergärten heiß begehrt. Da wurde gegraben, wurden Erdbeeren gepflanzt, eingeweckt, eingefroren. Jeder hat für den Weihnachtsbraten ein paar Karnickel gefüttert, oder einen Bullen oder ein Schwein. Mein damaliger Schwiegervater hatte Schafe und einen Bullen, die wurden geschlachtet. Ob man ein Steak oder ein Rumpsteak im Laden bekam, wusste man ja nicht.

Einer hat mal geschrieben: „Seitdem die Massen keine Tiere mehr halten, seitdem gibt es Massentierhaltung.“ Es wurde alles vom Tier verarbeitet, die Ohren und Pfoten mussten nicht nach China verkauft werden.

Wenn ich einkaufe und mal irgendetwas besonderes brauche, meinetwegen Tomaten, dann gucke ich wenigstens, dass sie aus Europa kommen. Äpfel zum Beispiel, gibt es hier nicht genug Äpfel? Müssen die aus Chile her transportiert werden? Die Leute sind inzwischen daran gewöhnt, in den Supermarkt zu gehen und immer alles im Überfluss vorzufinden: vegan, vegetarisch, nur die guten Fleischstücke. Niemand isst an Weihnachten einen Schinken, um den er sich ein ganzes Jahr bemühen musste. Das macht es einfach, eine Ideologie auszuleben. Es ist genau, wie im Kick ein T-Shirt zu kaufen. Dass da viele Menschen hart für gearbeitet haben, wird nicht wertgeschätzt.

Es ist die mangelnde Wertschätzung gepaart mit Kritik, die viele sehr wütend macht, nicht wahr?

Dieses Bauernbashing, das ärgert mich maßlos, die Wertschätzung fehlt komplett. Gerade wird wertgeschätzt, wenn man einen Elektriker bekommt oder einen Dachdecker. So muss es mit uns auch mal gehen. Aber als Landwirt macht man alles falsch. Die blöden Bauern vergiften unser Wasser, verpesten die Luft, töten die Insekten. Es regt mich auf, dass weder in Berlin noch den Ländern oder Kreisen etwas dagegen unternommen wird. Diese unlogische, übertriebene Wortwahl in den Medien: In Deutschland seien die Böden vergiftet! Wenn es so wäre, würde da nichts mehr drauf wachsen. Warum soll ich denn meinen Boden vergiften? Das bringt mir als Erzeuger doch nichts. Dieses Hochschaukeln macht mich fertig: „Ich liebe Kühe, und wenn du keine liebst, dann komme ich dir mit dem Messer."

Wie ist denn hier im Ort die Beziehung zu den Leuten?

Eigentlich ganz gut, wir sind ja mittendrin und der Hof ist offen, die Leute können auf den Hof kommen und schauen, häufig kommen Kinder. Wenn es aber regnerisch ist und die Feldwege, die hier geteert sind, mal dreckig sind, regen sich die Spaziergänger und Fahrradfahrer auf. Die Wege haben wir Landwirte gezahlt, aus den Subventionen der zweiten Säule. Wir mit den großen Schleppern seien so am jammern. Klar sind die teuer, aber so, wie andere ihr nobles E-Auto in Raten abzahlen, zahlen wir unseren Schlepper ab. 

Was ist deiner Meinung nach nötig, um die Situation zu verbessern?

In der Schule müssten die Kinder lernen, wie Getreide, Gemüse und Obst wächst, wo die Milch und das Fleisch herkommen und was es für ein Aufwand ist, Lebensmittel zu produzieren.

Und oben müssten Leute sitzen, die aus dem Fach kommen. Die Glöckner ist aus dem Weinbau, das gehört dazu. Sie hatte zwar gute Ansätze, aber rausgekommen ist nichts, sie konnte sich nicht durchsetzten. Was aus dem Bauch ganz spontan bei ihr kommt, ist ganz anders als das, was sie verkaufen muss. Außerdem hat im Umweltministerium der Ober-Spendensammelverein, der NABU, viel zu sagen. Da ist der Lobbyismus ganz groß, das finde ich nicht richtig.

Satt den Wein an den Hausfassaden wachsen zu lassen und Bäume zu pflanzen, werden Klimaanlagen eingebaut. Oder diese totale Verglasung von Gebäuden, die die Wärme noch mehr ansaugt und man dann Klimaanlagen benötigt. Wenn man auf einen Parkplatz geht, da ist alles zubetoniert. Und Rewe macht genau da eine Werbeaktion für Bienchen! Das kotzt mich maßlos an.

Es wird mit zweierlei Maß gemessen, Verantwortung abgeschoben, Schuld zugewiesen. Man ist nicht mehr kompromissfähig.

Die Politiker machen sich kaum Gedanken darüber, welche Auswirkungen ihre Gesetzte haben. 

Zum Beispiel haben die Grünen durchgesetzt, dass die Gülle vier Stunden, nachdem sie aufgetragen wurde, eingearbeitet werden muss, damit kein Ammoniak entsteht. Seitdem haben wir nur noch hier direkt am Stall die Stare, auf dem Feld sieht man sie nicht mehr. Oder dass Misthaufen abgedeckt werden müssen, es gibt keine offenen Misthaufen mehr, die viel insektenfreundlicher sind.

Ihr habt vor ein paar Jahren von konventioneller auf biologische Produktion umgestellt. Was hat dich in der konventionellen Zeit besonders gestört? 

Als wir noch konventionell gewirtschaftet haben, hieß es ständig, damit wir überleben können brauchen wir mehr, mehr, mehr. Die Kühe müssen mehr Leistung bringen. Die müssen jedes Jahr ein Kalb kriegen. Das ist ja auch so ein Ding, diese Zwangsbefruchtung. Wenn ich den Bullen nicht drauf lasse sondern selber besame, kann ich den Zeitpunkt steuern. Wenn noch viel Milch im Euter ist, dann warte ich mit der Besamung, so eine Kuh muss ja nicht ständig tragend sein.

Auch der Körper einer Kuh sagt doch nach mehreren Kälbern, ich habe keine Energie mehr. Also warte ich immer, bis sie mit der Leistung runtergehen. Sie müssen nicht jedes Jahr ein Kalb kriegen. Ich lasse sie sich lieber ein bisschen länger erholen, als den letzten Tropfen Milch herauszuziehen. Das macht auch finanziell nicht den großen Unterschied, denn das Sperma ist nicht billig, 30-50€ muss man für eine Portion bezahlen.

Als wir noch konventionell waren, haben wir auch gespült und Embryos gewonnen. Da hatten wir eine, die hatte 40 Liter und ging und ging nicht runter mit der Leistung. Die hatte im Grunde mit einem Kalb so viel Milch, wie andere mit zwei Kälbern. Sie hat dann vom ersten Kalb bis zum nächsten Trockenstellen 22.000 Kilo Milch gegeben!

Jetzt sind wir immer noch nicht bei der Schönen. Cäcilie, komm mal her!

(Wir stehen zusammen auf der Weide, Cosima sucht nach Cäcilie.)

Woran machst du denn fest, welche Kuh schön ist?

Ein schönes, lebendiges Euter gehört dazu, gesunde Füße und Klauen. Sie müssen sich bewegen können und eine lange Nutzungsdauer haben. Die hohe Milchleistung ist nicht mehr so wichtig seitdem wir bio sind, aber die Inhaltsstoffe, Fett und Eiweiß.

In Alsfeld gibt es eine Veranstaltung, bei der wir 2016 zusammen mit anderen unsere neue Rinderrasse vorstellen konnten, das Deutsche Schwarzbunte Niederungsrind (DSN). Die Gesellschaft zur Erhaltung alter Nutztierrassenhttps://www.g-e-h.de/ hat einen Preis vergeben. Cäcilie hatte damals gewonnen.

Bist du für die Zucht zuständig?

Ja, das bin ich. Früher hatten wir die Turbokühe. Es hat mich geärgert, dass man aus den Superbullen ratzifatzi ne Superkuh machen kann. Die wurden immer größer und größer. Ich wollte etwas anderes als die Bullen, die alle einsetzen. Ich habe ewig am Computer gesessen und die Listen durchgeschaut. Dieses hornlose bei den Holstein Friesischen kam durch den amerikanischen Bullen Lawn boy. Den hat man häufig eingesetzt. Es war gar nicht einfach, einen zu finden, der dessen Blut nicht hatte.

Ich habe mich dann entschlossen auf DSN umzusteigen, am Anfang hatten wir zehn Kühe aus Gräfendorf in Brandenburg. Sie geben ungefähr 10.000 Kilo Milch, sind kleiner und fleischiger, eine Zweinutzungsrasse.

Demeter verlangt seit ein paar Jahren, dass die Kühe Hörner haben müssen.

Wir sind ein Naturland Betrieb. Demeter geht mir dann biomäßig doch ein bisschen zu weit. Kosmische Strahlung einfangen über die Hörner und nach dem Mondkalender anbauen. Ich sage immer: „Natur ein bisschen Natur sein lassen". Dass die Kühe raus gehen, ein bisschen joggen können, das war schon zu unseren konventionellen Zeiten so. Die, die mit Horn geboren werden, behalten es.

Und dann dieses Gehäcksele vom Futter, das viele Kollegen betreiben: Immer so klein wie möglich, damit sie viel fressen können. Ich füttere ihnen Heu. Es heißt, dass sie dann kein Silo mehr futtern würden, aber das ist ja nicht so. Klar futtern sie lieber das Leckere, aber wenn du die Schokolade satt hättest, würdest du ja auch die Stulle wieder essen.

Eure Weide grenzt gleich an den Stall, aber im Winter sind die Kühe immer drin, oder?

Natürlich haben wir sie im Winter eher drin, aber ich habe sie auch schon bei Schnee raus gescheucht, das ist gut für ihre Gesundheit. Auch dieses Loch hier zwischen Stall und Weide, da raten mir einige, dass ich es mit Steinen zumachen soll. Aber da ist ja auch Lehm drin, das ist manchmal richtig matschig. Wenn sie dann durchgehen zurück in den Stall, reinigt das die Klauen und sie haben wie einen Lehmverband.

Ich habe lange kaum noch Milch getrunken, weil ich auch etwas Magengrummeln davon bekommen habe. Seitdem ich sie frisch beim Bauern hole, habe ich manchmal wieder richtig Lust drauf. Sie schmeckt so ganz anders und ich bilde mir ein, sie bekommt mir besser.

Das kann schon sein. Die Milch wird gemolken, gekühlt und kommt in den Tank. Darin wird sie gerührt, damit sich das Fett nicht absetzt. Die konventionelle Molkerei holt sie und sie wird sofort ultrahocherhitzt. Damit bekommt sie diesen Kochgeschmack mit dem alle aufgewachsen sind und an den wir gewöhnt sind. Mit der Erhitzung spaltet sich das Eiweiß auf und das vertragen nicht alle. Es hat nichts mit Laktoseintoleranz zu tun, was die Leute oft vermuten. Wir waren damals bei der Marburger Molkerei, die haben die Keime mit einer Zentrifuge rausgeschleudert anstatt die Milch zu kochen. Da haben viele gesagt, die Milch würde nicht schmecken.

Jetzt liefern wir an die Coburger. Wenn sie nicht mehr ihrer Produkte auf dem Markt loswerden, nehmen sie keine neuen Mitglieder auf. Wenn ein Milchbetrieb umstellen will auf Bio, musst er erstmal eine Molkerei finden, sonst verkauft er die bio Milch zum konventionellen Preis. Bei uns war es so, dass wir durch die Zweinutzungsrasse hohe Inhaltsstoffe in der Milch haben. Da die Coburger noch einen zweiten Hof hier in der Nähe anfahren und unser bisschen noch in den Milchlaster reinpasst, haben sie uns aufgenommen.

Ihr habt einen Melkroboter, findest du das hilfreich?

Es ist easy, wir sind weniger im Stress. Früher haben wir je drei Stunden früh und abends zum Melken gebraucht. Jetzt tränke ich die Kälber und während dessen macht mein Mann die Güllepumpe. Wir sind früher fertig und Frühstücken so um 9:30 Uhr. Wir haben den Roboter gebraucht gekauft und sind sehr zufrieden.

Ihr habt eine Zweinutzungsrasse eingekreuzt, sie setzen also auch mehr Fleisch an. Ein Problem der Milchwirtschaft ist der Weiterverkauf der Kälber, die sich bei reinen Milchkühen nicht zur Fleischerzeugung eignen. Wie seid ihr da aufgestellt?

Unsere haben mehr Gewicht und mehr Edelfleischanteile. Filet, Rumpsteak und so, je mehr das ist, desto besser. Aber viel bekommen wir für die Kälber nicht, es sind ja größtenteils Mischrinder, die reinrassigen brauche ich für die Zucht.

Wir hatten mal einen Bekannten, der für uns die Rinder aufziehen sollte. Der hatte Wiese übrig, aber das ist leider in die Brüche gegangen. Wir haben zu wenig Fläche, um das zu schaffen. Die Ochsen und die Kälber, die ich nicht brauche, könnten auf die Koppel, aber das lohnt sich nicht, denn ich müsste Futter zukaufen. Ein Bulle muss unter zwei Jahre sein zum Schlachten, beim Ochsen ist es egal. Das Fleisch ist wirklich gut. Aber manche müssen gehen, weil es sonst zu viele werden. Wenn ich sie nicht verkaufen, kann, dann suche ich die schlechtesten raus, die müssen zum Schlachter.

Diese Seite der Nachzucht steht ja häufig in der Kritik. Es lässt sich nicht so leicht lösen, andere Länder machen es billiger: Die meisten Kälber gehen nach Holland, da werden sie gemästet. In Deutschland gibt es andere Auflagen, so dass es hier nicht wirtschaftlich ist. Ich kann manches nicht verstehen. 

Wie bist du eigentlich zur Landwirtschaft gekommen? Kommst du aus einer Bauernfamilie?

Nein, eigentlich nicht, meine Mutter war Krankenschwester, mein Vater Bäcker, meine Tante war auf dem Dorf, hat bei einer LPG in der Abferkele gearbeitet, da war ich oft. Da gab es alles, Enten, Hühner, Katzen, ich war mit meinen Eltern fast jedes Wochenende dort. Meine Mutter wollte erst, dass ich Krankenschwester werde und studiere, das wollte ich aber nicht. Ich bin einfach zum LPG Vorsitzenden gefahren und habe meinen Lehrvertrag unterschieben, mit sechzehn. Habe dann Zootechniker Mechanisator gelernt und danach noch studiert. Ich war dann mittlerer Leiter. 

Dann war die Wende, die ersten, die gehen mussten, waren die mittleren Leiter, wenn sie nicht in die Genossenschaft eingezahlt hatten. Erst war ich arbeitslos, dann hab ich eine Umschulung gemacht. Als Agraringenieur war ich zu teuer für die meisten.

Ich hatte eine große Tochter und einen Sohn, der musste eingeschult werden. Also war es Zeit, eine Entscheidung zu treffen und den Absprung zu schaffen: Entweder er wurde im Osten oder im Westen eingeschult. Im Fernsehen habe ich gesehen, dass viele Bauern keine Partnerinnen fanden, die haben Werbung gemacht für den „Landflirt“, ein Datingportal. Da habe ich inseriert und dann ist es so gekommen.

Spannend, das war dann wohl der Vorreiter zu „Bauer sucht Frau“.

Es ist schon lustig. Es gab drei Rückmeldungen, einer hatte Schweine. Den mit den Kühen habe ich natürlich bevorzugt und als erstes geschaut, ob es passt. Obwohl Schweine auch tolle Tiere sind. 2003 bin ich hergekommen. Meine Mutter hat sich Sorgen gemacht, ich könnte an einen Betrüger geraten, aber mir muss es doch gefallen! Christian war dann auch bei uns und noch im selben Jahr sind mein Sohn und ich umgezogen. Der Hof gehörte da schon Christian. So hat er eine Frau bekommen, die sich nicht nur für ihn, sondern auch für seine Kühe interessiert und richtig Ahnung hat. Am Anfang haben die Schwiegereltern noch mitgearbeitet und ich habe mir im Grunde eine Nische gesucht und mich in die Zucht eingearbeitet.

Ihr habt einen gemeinsamen Sohn, denkt ihr über die Zukunft des Betriebes nach?

Der hat nicht so’n Bock auf Landwirtschaft, ich forciere das auch nicht. Wegen dem ganzen Gemacht drumrum. Er will jetzt ein Praktikum beim Bäcker machen. Ein richtiges Weihnachtsfest hatten wir jetzt zum ersten Mal, vorher hatten wir einfach kein Geld. 

Wieso habt ihr so wenig Geld gehabt?

Die Erzeuger sind am Anfang, der Verbraucher am Ende und das Geld bleibt in der Mitte.

Heute darf man so viele Kühe halten, wie man will, das ist nicht mehr flächengebunden. Das hätte beibehalten werden sollen, eine Kuh pro Hektar. Und dann wurde die Milchquote gekippt, man kann so viel Milch produzieren, wie man will. Aus dem Überschuss machen sie halt Milchpulver. Der Milchpreis ging in den freien Fall.

Die Tierarztkosten waren mir zu hoch, das war ein Grund für die Entscheidung, es mal mit einer anderen Rasse zu versuchen. Die DSN wird in Hessen mit 200€ im Jahr gefördert. Wir haben die Kosten für diese zehn Kühe über Jahre vor uns her geschoben, das war eine große Investition. Zusätzlich zu den Anschaffungskosten muss man das Kalb aufziehen, das kostet ja auch um die 1500€.

Der Stall war gerade erst abgezahlt. Die ganze Zeit haben wir uns lang gehangelt, uns haben wir nur zurückgestellt. Es ging einzig darum, das Geld hier wieder reinzustecken, damit man es ein bisschen einfacher hat. Der Kleine hat sich mit seinen zehn Jahren schon überlegt, was er machen kann, damit er für uns Geld verdienen kann, das ist doch traurig.

Dann haben wir überlegt, ob es sich lohnt, auf Bio umzustellen, 2018 haben wir das realisiert. Die Beraterin war hier und meinte, wir müssten baulich ja gar nichts investieren. Wir haben ohnehin schon sehr wenig gedüngt und gespritzt, es war keine große Umstellung. Die Frau hat uns dann einen Bankenwechsel vorgeschlagen und ermöglicht. Die Molkerei hat uns zum Glück auch angenommen. Jetzt geht es finanziell etwas besser. Jetzt habe ich dir aber viel erzählt!

Ich danke dir!